Elten: »Der Fuß ist das Fundament des Körpers«

Ein professioneller Sicherheitsschuh muss hohen Anforderungen gerecht werden: Er schützt vor herabfallenden Gegenständen, wirkt rutschhemmend und hemmt das Durchtreten spitzer Gegenstände. Moderner Fußschutz muss aber viel mehr können – er muss vor allem passen. Und was im ersten Moment nach einer Selbstverständlichkeit klingt, erweist sich bei genauerem Hinsehen als herausforderndes Problem. Der gelernte Orthopädiemeister Stefan Tintrup ist seit 2013 als Experte für den Sicherheitsschuh-Hersteller Elten tätig und führt professionelle Fußvermessungen durch. »In dieser Zeit haben wir Tausende Füße vermessen. Tatsache ist, dass kein Fuß dem anderen gleicht.« Im Gespräch mit bauSICHERHEIT-Chefredakteur Dan Windhorst erklärt Stefan Tintrup, dass falsch gewählte Schuhgrößen schmerzhafte Folgen für den Fuß, aber eben auch für das sichere Arbeiten auf der Baustelle haben können. Mit detaillierten Einblicken in die professionelle Fußvermessung und hilfreichen Tipps zeigt der »Fußflüsterer«, worauf genau es bei der Wahl des richtigen Sicherheitsschuhs tatsächlich ankommt.

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Von: Dan Windhorst

Im Laufe eines Lebens legen Füße eine Strecke von 130 000 km hinter sich – das entspricht rund 200 Mio. Schritte und würde ausreichen, um die Erde gleich drei Mal zu umrunden. Faszinierend ist aber auch, dass ein einzelner Fuß aus über 26 Knochen, 27 Gelenken, 32 Muskeln und 107 Bändern besteht – in Summe stellt der Fuß ein Meisterwerk der Natur dar, welches es im höchsten Maße zu schützen gilt.

»Man muss wissen: Der Fuß ist das Fundament des Körpers«, stellt Stefan Tintrup klar, der in diesem Zusammenhang auch auf die besonderen Gefahren für Füße auf Baustellen aufmerksam macht: Herunterfallendes Werkzeug, rostige Nägel, spitze Stahlstreben und unwegsames Gelände können im schlimmsten Fall nicht nur schmerzhafte, sondern auch langfristige Folgen für den Fuß haben. Das Arbeiten ohne zuverlässigen Fußschutz ist daher aus seiner Sicht unabdingbar. Doch genau hier schleicht sich ein weiteres Problem ein: »Wer eine falsche Größe wählt, riskiert Fehlhaltungen und Schmerzen und damit auch eine Verminderung der Konzentrationsfähigkeit.« Je stärker bzw. länger der Schmerz anhält, so der Experte, desto größer sei die Gefahr, während der Arbeit abgelenkt zu sein.

Eine individuelle Fußvermessung

Als Sohn eines Schuhmeisters wurde Stefan Tintrup das Thema geradezu in die Wiege gelegt. Und aus eben dieser Tradition heraus entstand die Begeisterung für individuelle Beratung: »Mit unseren Vermessungslösungen und unterschiedlichen Passformen können wir gezielt auf die Bedürfnisse eingehen und Sicherheitsschuhe empfehlen, die eben nicht nur hohen Schutzanforderungen, sondern auch Komfort- und Fußgesundheitsansprüchen gerecht werden.« In Zusammenarbeit mit der Meisterin Nadine Claaßen bietet Stefan Tintrup Vor-Ort-Termine für Großkunden. Auf diese Weise können ganze Unternehmen die Vermessung ihrer Mitarbeiter zeitsparend durchführen lassen. »Kunden fragen die Fußvermessung an, weil es eine kluge Investition in die Mitarbeiter und deren Gesundheit ist. Im ersten Schritt arbeiten wir dann die gesamte Vorplanung aus«, so der Fußexperte. »Abhängig davon, ob wir vor Ort mit unseren elektronischen oder analogen Vermessungssystemen arbeiten können, müssen gerade einmal fünf Minuten für die Vermessung einer Person eingeplant werden.«

Benötigt würden laut Stefan Tintrup hierfür entsprechend große Räumlichkeiten sowie nach Möglichkeit Zugang zur Stromversorgung. »Überall da, wo das nicht möglich ist, können wir aber auch auf analoge Messverfahren zurückgreifen. Die haben sich über die Jahre hinweg sehr bewährt und bieten ebenfalls ein zuverlässiges Vermessungsergebnis.« Aktuell wird der Elten-Service im deutschsprachigen Raum angeboten. Darüber hinaus sind Stefan Tintrup und seine Kollegin Nadine Claaßen auch auf vielen Messen sowie Fachberatungsveranstaltungen anzutreffen.


Fußvermessung als Problemlöser

Ein Problem, dem Stefan Tintrup häufig begegnet, ist Unwissenheit: »Viele Menschen arbeiten bereits seit Jahren in unpassenden Schuhen und nehmen das nach mehreren Negativerfahrungen irgendwann als gegeben hin. Aber gerade dann, wenn Größe und Weite nicht passen oder jemand etwas kräftigere Füße hat, sind gängige Passformen fehl am Platz.« Mit der professionellen Fußvermessung möchte der Experte in erster Linie Aufklärungsarbeit leisten und Betroffenen aufzeigen, wie sich der »richtige« Sicherheitsschuh tatsächlich anfühlen kann. Wichtig ist in diesem Zusammenhang aber auch, auf die Unterschiede zwischen gewöhnlichen Straßenschuhen und Sicherheitsschuhen aufmerksam zu machen. Den größten Unterschied macht die Zehenschutzkappe aus – sie ist starr und anders als ein normaler Modeschuh alles andere als flexibel. Achten sollte der Träger laut Stefan Tintrup darauf, dem Fuß weder zu wenig noch zu viel Platz im Schuh zu lassen, damit ein Umknicken oder Stolpern verhindert wird.

Die jeweils richtige Passform finden

Gerade auf der Baustelle ist es unerlässlich, die Füße zu schützen. Passt der Sicherheitsschuh nicht richtig, bleibt dieser unter Umständen gleich im Spind stehen oder führt auf Dauer zu müden Füßen, dauerhaften Haltungsschäden sowie Druckstellen, Verspannungen und Blasen. Entwickelt hat das Unternehmen Elten daher verschiedene Passformen, die wichtigen Kriterien wie den Mehrweiten, der Damenpassform, dem »Ergo-Active«-System sowie der »Safeguard«-Lösung folgen:

Damenpassform

Bei Sicherheitsschuhen für Frauen stehen grundsätzlich andere Proportionen im Mittelpunkt: Selbst bei identischer Schuhgröße sind Frauenfüße schmaler und flacher aufgebaut. Nutzen Frauen keine darauf abgestimmten Schuhe, besteht die Gefahr, keinen richtigen Halt zu finden, was die Gefahr von Stolper- und Umknickunfällen erhöht. Am Markt hat Elten inzwischen eine ganze Reihe an Sicherheitsschuhen, die auf speziellen Damenleisten hergestellt werden und damit der Anatomie des Fußes folgen.

Mehrweiten

Beim sogenannten Mehrweiten-System besteht die Möglichkeit, den Sicherheitsschuh individuellen Anforderungen anzupassen: So schafft beispielsweise mehr Volumen im Vorfußbereich höheren Tragekomfort. Auch die Anpassung der Zehenschutzkappe ist möglich. Für den durchschnittlich breiten Fuß sieht das Mehrweiten-System zum Beispiel ein normal breites Ballenmaß, ein normales Ristvolumen sowie eine normal große Zehenschutzkappe vor. Ist der Fuß jedoch breiter, bieten die »XW«- und »XXW«-Ausführungen jeweils breitere und größere Abmessungen bis hin zu speziellen Extrabreiten.

»Ergo Active«

Als besonders innovativ erweist sich wiederum die Serie »Ergo-Active 2.0«. Sie ist das jüngste Forschungsergebnis von Elten und entstand in Zusammenarbeit mit Prof. Dr. Grau von der Universität Tübingen/Göteborg, dessen Arbeit Stefan Tintrup in hohem Maße lobt: »Prof. Dr. Grau ist in diesem Bereich einer der Besten, die ich kennengelernt habe. Das System beinhaltet drei verschiedene Passformen für die am häufigsten vorkommenden Fußtypen und gibt uns die Möglichkeit, typische Passform-Probleme individuell zu lösen.« Denn, so Stefan Tintrup weiter, selbst bei gleicher Schuhgröße seien manche Füße schlichtweg kräftiger als der Durchschnitt und andere wiederum viel breiter. Aufgrund solcher Abweichungen sei dann zwar die generelle Schuhgröße in der Länge richtig, aber dafür zu eng.

»Ergo-Active 2.0« bietet Elten zufolge optimierte Leisteneigenschaften und den funktionsorientierten Materialeinsatz. Zudem kann der Anwender aus verschiedenen Kappenweiten und unterschiedlichen Laufsohlenarten wählen, was den Sicherheitsschuh noch weiter individualisiert. »Interessant ist außerdem die Verwendung von speziellen Einlagen«, so Stefan Tintrup. »Um die Fußform optimal zu unterstützen, bietet Elten in der Ergo-Active-Serie eine Einlage mit Längsgewölbestütze an. Das dämpft den Fuß und sorgt gleichzeitig für eine gleichmäßige Gewichtsverteilung.« Auf diese Weise lässt sich eine Entlastung von Schmerz- und Druckpunkten schaffen. Zu beachten gilt jedoch: Nicht jede Einlage ist zertifiziert und darf daher im Sinne der DGUV-Regel 112-191 genutzt werden. Die Verwendung, beispielsweise von Einlagen aus Freizeitschuhen, ist daher nicht ohne Weiteres möglich. Hersteller wie Elten bieten jedoch eine breite Palette an Lösungen, die bereits zertifiziert und damit regelkonform sind. Ein gutes Beispiel dafür ist aus Sicht von Elten der Sicherheitsstiefel »Mason Pro GTX Mid EESD S3 Typ 3« – ein robuster Schuh, der in drei Passformen verfügbar ist und mit einer stabilen Stahlkappe für hohen Schutz auf der Baustelle sorgen kann.

Safeguard

Bei der »Safeguard«-Serie handelt es sich um eine Lösung für jene, die breite oder auch voluminöse Füße aufweisen. Ein großzügiges Ballenmaß, eine breitere Zehenschutzkappe und zusätzlicher Platz im Ristbereich sorgen dafür, dass der Schuh sich auch bei längerem Tragen gleichbleibend gut anfühlt.

Den Rat von Experten auch ernst nehmen

»Unsere Arbeit zeigt, dass die Beratung immer mehr an Bedeutung gewinnt: Die Zahl der Arbeitgeber, die auf die Bedürfnisse ihrer Mitarbeiter eingeht, nimmt zu«, so Stefan Tintrup. Der Schuhexperte stellt zudem klar, dass die Gefahren eines schlecht sitzenden Schuhs nicht heruntergespielt werden sollten. Schmerzen, offene Blasen oder lästige Druckstellen seien bereits Grund genug – komme dadurch jedoch auch unkonzentriertes Arbeiten hinzu, steige die Gefahr für Arbeitsunfälle und Verletzungen. Abseits der professionellen Fußvermessung bietet Elten im Rahmen seiner Academy auch Informationsveranstaltungen, Schulungen, Tagungen und Gruppengespräche an. »Das reicht vom klassischen Anwender unserer Produkte bis hin zu ganzen Unternehmen und dem technischen Handel. Auch unsere Kollegen aus dem Vertrieb sowie Händler nehmen an Seminaren teil, um sich zum Thema Fußgesundheit, Sicherheitsschuhe und Passformen zu informieren.«

In Zeiten von Corona geschieht dies laut Stefan Tintrup natürlich unter besonderen Bedingungen: »Aktuell arbeiten wir natürlich viel über unsere digitalen Kanäle. Wir veranstalten regelmäßig Vorträge und Schulungen, an denen Interessierte von zu Hause aus teilnehmen können. Mittlerweile sind wir aber auch wieder verstärkt draußen im Einsatz.« Hierfür, so der Experte, habe man umfangreiche Hygienekonzepte entwickelt. Dazu gehöre unter anderem das regelmäßige Testen auf Covid-19, damit beispielsweise die Vor-Ort-Vermessungen so sicher wie möglich stattfinden können.    J

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