Nicht nur im privaten Umfeld, sondern auch in der Arbeitswelt ist Lärm eine ständig wiederkehrende Gesundheitsgefährdung. Ist es zu laut, wird das Gehör irreversibel geschädigt. Eine Lärmschwerhörigkeit ist die Folge. So geht es auch vielen Beschäftigten in der Bauwirtschaft, wie aktuelle Zahlen der BG Bau zeigen: Statistiken beweisen, dass die Lärmschwerhörigkeit als Berufskrankheit immer weiter zunimmt. So meldet die BG Bau rund 4 581 vorläufige Verdachtsanzeigen im Berichtsjahr 2023. Dennoch sei zu beobachten, dass Lärmschutz und Lärmschwerhörigkeit häufig »unter den Tisch« fallen. Daher sei es umso wichtiger, die Thematik immer wieder anzusprechen, wie Felix Pakleppa, Hauptgeschäftsführer des ZDB, hervorhebt: »Die Auswirkung von Lärm wird von vielen unterschätzt – doch die Fakten beweisen das Gegenteil. Deshalb wollen wir alle Beteiligten in der Baubranche für das Thema sensibilisieren.«
Gerhard Citrich, Leiter der Abteilung Arbeits- und Gesundheitsschutz der IG Bau und Vorstand sowie Leiter des Präventionsausschusses der BG Bau, ergänzt: »Gehörschädigung durch Lärm ist unumkehrbar und führt zu großen Einschnitten im privaten und gesellschaftlichen Leben. Die Mitarbeiter müssen aufgeklärt werden und verstehen, wieso das Thema Gehörschutz so wichtig ist. Denn nur mit Vorschriften allein geht es nicht.«
Auswirkungen auf die Gesundheit sind massiv
In erster Linie schädigt Lärm das Gehör. Felix Pakleppa gab jedoch zu bedenken, dass eine dauerhafte Lärmbelastung nicht nur Auswirkungen auf die Ohren der Beschäftigten hat, sondern auch auf das Herz-Kreislauf-System sowie den Magen-Darm-Trakt. Auch die Psyche der Arbeitnehmer kann beeinträchtigt werden. »Gesunde Arbeitnehmer sind ein Vorteil für den Betrieb«, erklärte Pakleppa im Rahmen der Pressekonferenz. So spielen beispielsweise technische und organisatorische Maßnahmen wie Persönliche Schutzausrüstung (PSA) eine wichtige Rolle. Aber auch der Faktor »Mensch« sei nicht zu unterschätzen: Mitarbeiter sollten Eigenverantwortung zeigen und geeignete Präventionsmaßnahmen ergreifen. Auch weist Gerhard Citrich darauf hin, dass untereinander vermehrt darauf geachtet werden sollte, dass der Gehörschutz getragen wird. Und auch im Privatleben gelte es, Präventionsmaßnahmen gegen Schwerhörigkeit zu ergreifen, z. B. indem übermäßig laute Musik vermieden wird.
Schutz nach dem »Top«-Prinzip
Wann Lärmschutz erforderlich ist, regelt die Lärm- und Vibrations-Arbeitsschutzverordnung. Demnach müssen Arbeitsplätze mit einem Tages-Lärmexpositionspegel von mehr als 85 dB(A) bzw. einem Spitzenschalldruckpegel von mehr als 137 dB(C) als Lärmbereiche gekennzeichnet werden. Dort müssen insbesondere technische und organisatorische Maßnahmen zum Schutz der Beschäftigten getroffen werden.
Tim-Oliver Müller, Hauptgeschäftsführer des HDB, sagt: »Die Sicherheit und Gesundheit unserer Beschäftigten sind ein Muss. Darum achten wir auf wirksame technische, organisatorische und persönliche Schutzmaßnahmen, die wir immer wieder überprüfen und aktualisieren.«
So sei es wichtig, dass sich Auftraggeber, Bauherren und Arbeitgeber gleichermaßen mit einer effektiven Lärmvorsorge beschäftigen, d. h., sich im Rahmen einer Lärmplanung mit der Thematik auseinandersetzen. Auch Arbeitsmittel wie moderne Schallschutztechnologien oder elektrisch betriebene Baumaschinen sowie andere geräuschärmere Verfahren beim Bauen selbst können zu einer Verringerung der Lärmbelastung beitragen. Bernhard Arenz, Leiter der Hauptabteilung Prävention der BG Bau, erklärt: »Wir setzen auf präventive Maßnahmen zur Vermeidung und Verringerung des Baulärms. Denn am wirkungsvollsten ist Lärmschutz dann, wenn wir Lärm schon am Entstehungsort mindern.« Auch die PSA ist ein wesentlicher Faktor.
Zu beachten gilt es, dass nicht nur der Mitarbeiter, der die laute Tätigkeit ausführt, einen Gehörschutz tragen muss, sondern auch die Kollegen in der näheren Umgebung. Ab einer Lärmbelastung von durchschnittlich 80 dB(A) am Tag müssen Unternehmen ihren Beschäftigten persönliche Schutzausrüstung zur Verfügung stellen, also Kapselgehörschützer, Gehörschutzstöpsel oder Otoplastiken.
Eine Tragepflicht besteht ab einem Wert von 85 dB(A). Grundsätzlich müssen jedoch alle drei Faktoren des »Top«-Prinzips zusammenspielen, um einen effektiven Lärmschutz zu gewährleisten.