Der Bau und die baunahen Sektoren erleben derzeit ein turbulentes Auf und Ab. Ein Mangel an Aufträgen und Fachkräften hat die ohnehin schon kränkelnde Wirtschaft zusätzlich in Schieflage gebracht. Inwiefern sich diese Problematik auf die Bereiche Arbeitssicherheit und Gesundheitsschutz auswirkt, hat die Redaktion der bauSICHERHEIT bei Bernhard Arenz, Leiter der Hauptabteilung Prävention der BG Bau, nachgefragt.
bauSICHERHEIT: Dass die Baubranche nun schon seit einiger Zeit in der Krise steckt, ist ein offenes Geheimnis. Hohe Energiepreise und Kostenexplosionen bei Baustoffen haben zum Beispiel im Wohnungsbau für einen starken Auftragsmangel gesorgt. Wie äußert sich die Krise aber im Hinblick auf Themen wie Gesundheitsschutz und Arbeitssicherheit? Sparen Unternehmen Ihrer Ansicht nach an der falschen Stelle oder verzeichnen Sie hier keine Unterschiede im Vergleich zu konjunkturstärkeren Jahren?
Bernhard Arenz: Fachkräftemangel, steigender Kostendruck, Auftragsrückgänge: Das alles wirkt sich auf die Bauwirtschaft aus. Klar ist aber auch: Der wirtschaftliche Druck darf nicht dazu führen, dass der Arbeitsschutz vernachlässigt wird und notwendige Schutzmaßnahmen nicht umgesetzt werden. Denn Arbeitssicherheit und Gesundheitsschutz sind unerlässlich für die Beschäftigten am Bau, das gilt im Übrigen immer und unabhängig von der konjunkturellen Lage. Darüber hinaus sind sichere und gesunde Arbeitsplätze auch ein wichtiger Faktor zur Gewinnung und Bindung von Arbeitskräften. Hinzu kommt, dass Baustellen komplexe Gebilde sind, bei denen viele verschiedene Akteure und Gewerke unter ortsveränderlichen Bedingungen zusammenarbeiten. Diese Konstellation an sich birgt bereits bestimmte Risiken, weshalb es umso wichtiger ist, den Arbeitsschutz von Anfang an mitzudenken und über die gesamte Bauzeit – unabhängig von der Konjunkturlage – im Blick zu behalten. Als BG Bau unterstützen wir unsere Mitgliedsunternehmen und deren Beschäftigte durch unsere Aufsichtspersonen vor Ort sowie zum Beispiel mit unserem Schulungsangebot, aber auch mit gewerkespezifischen Informationen und Unterweisungshilfen.
bauSICHERHEIT: Wo sehen Sie akuten Handlungsbedarf, um die Beschäftigten noch besser schützen zu können? Sollten Unternehmen beispielsweise noch regelmäßiger Schulungen durchführen?
Bernhard Arenz: Regelmäßige Schulungen sind ein wichtiger Baustein unserer Präventionsarbeit, weil dadurch Arbeitsschutzmaßnahmen vermittelt und Sicherheitsmaßnahmen trainiert werden können. Um die Beschäftigten vor Gefahren zu schützen, braucht es aber noch mehr. So müssen Arbeitgeber dafür sorgen, dass der Arbeitsplatz sicher ist und keine Gefahr für die Gesundheit der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter besteht. Ein störungsfreier Ablauf wird beispielsweise durch eine systematische Planung von Arbeiten, die Beschaffung von sicheren Arbeitsmitteln und -stoffen, den Einsatz sicherer Technik sowie eine rechtzeitige Information der Beschäftigten zu fachgerechtem, sicherem Arbeiten erreicht. Dazu ist die Gefährdungsbeurteilung unerlässlich. Das Ziel lautet: Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten verhindern.
bauSICHERHEIT: Mit der Eröffnung des neuen Schulungszentrums in Feuchtwangen steht ein weiterer Standort für Schulungen und Weiterbildungen zur Verfügung. Sind zum jetzigen Zeitpunkt weitere Zentren dieser Art geplant?
Bernhard Arenz: In Feuchtwangen bieten wir Seminare rund um die Themen Arbeitssicherheit und Gesundheitsschutz im Baugewerbe und Gebäudemanagement an. In der Praxishalle können die Seminarteilnehmenden das theoretisch Erlernte direkt anwenden und Schutzmaßnahmen trainieren. Hier können sie zum Beispiel auf einem Gerüst, auf einem Flach- oder Steildach oder an der Baustellenkreissäge die jeweils zugehörigen Schutzeinrichtungen selbst ausprobieren und den Umgang damit üben. Neben dem Praxiszentrum in Feuchtwangen haben wir zwei weitere Bildungsstätten mit angeschlossenem Praxiszentrum, und zwar das Arbeitsschutzzentrum in Haan, in der Nähe von Düsseldorf, und im Norden die Bildungsstätte Bad Münder, in der Nähe von Hannover. Wir sind mit unseren Praxiseinrichtungen bundesweit aufgestellt. Dabei ist es uns wichtig, die Ausstattung der einzelnen Zentren nach einheitlich festgelegten Kriterien, die sich an den aktuellen Präventionsschwerpunkten der BG Bau und am Stand der Technik orientieren, auszurichten.