bauSICHERHEIT Sicher am Bau: Worauf es zu achten gilt

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Von: Jessy von Berg

Die Arbeiten auf Baustellen sind stets mit besonderen Gefährdungen und Risiken verbunden. Zum einen unterliegen die Mitarbeiter einer hohen körperlichen Belastung. Zum anderen werden Arbeiten mitunter in großen Höhen oder unter ungünstigen Witterungsverhältnissen durchgeführt. Auch der Umgang mit schweren Maschinen und gefährlichen Baustoffen, der für viele zum Arbeitsalltag gehört, bergen ernst zu nehmende Risiken. Und die Realität zeigt deutlich, dass Arbeitsunfälle am Bau schwerwiegende Folgen haben – im schlimmsten Fall enden sie sogar tödlich. Die Sicherheitsaspekte auf der Baustelle zu vernachlässigen, ist daher nicht nur unvernünftig, sondern geradezu fahrlässig. Nicht umsonst sind entsprechende Präventions- und Schutzmaßnahmen fest in den Gesetzen und Verordnungen verankert. Diese Anforderungen umzusetzen, liegt jeweils in der Verantwortung des ausführenden Unternehmens. Die Redaktion der bauSICHERHEIT hat sich im Folgenden genauer mit dem Thema »Baustellensicherheit« auseinandergesetzt und erklärt, worauf es ankommt, um die Sicherheit aller Beschäftigten am Bau zu gewährleisten.

Zunächst einmal: Eine Baustelle ist ein dynamischer Arbeitsplatz mit ständigen Veränderungen der Arbeitsbedingungen und Anforderungen; daher braucht es verschiedene Sicherheitsvorkehrungen, um die Sicherheit aller Beteiligten trotz der zahlreichen Gefahrenquellen gewährleisten zu können. Einige Regelungen sind gesetzlich festgeschrieben: Das Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG) dient, allgemein gesprochen, der Verbesserung der Gesundheit aller in Deutschland Beschäftigten. Es verpflichtet Unternehmer zur Durchführung einer Beurteilung der Arbeitsbedingungen und in deren Rahmen auch zu einer Beurteilung der Gefährdungen sowie die Ableitung entsprechender Maßnahmen. Die Gefährdungsbeurteilung gilt als Grundlage allen betrieblichen Handelns in Sachen Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit. Worauf es bei der Gestaltung, Einrichtung und technischer Ausrüstung der Arbeitsplätze ankommt, regelt die Arbeitsstättenverordnung (ArbStättV). Wie sich die Beschäftigten zu verhalten haben, damit der Versicherungsschutz im Fall eines Unfalls greift, legt die Baustellenverordnung (BaustellV) fest.

Ein neutraler Blick: Sicherheitsbeauftragte

Grundsätzlich gilt: Der Einsatz von Persönlicher Schutzausrüstung (PSA) ist am Bau unerlässlich. Genauso wichtig ist es aber auch, Mitarbeiter in regelmäßigen Unterweisungen über besondere Gefahrenstellen und riskante Arbeitsbereiche, Flucht- und Rettungswege sowie Erste-Hilfe-Maßnahmen aufzuklären. Ebenso gilt es, ausreichend Pausen einzulegen, denn nicht selten geschehen Unfälle im Baubereich schlichtweg durch Unaufmerksamkeit. Wer die Sicherheit seiner Mitarbeiter priorisiert, investiert gleichzeitig in den Erfolg des Projekts: Jeder Unfall verursacht durch den Ausfall des jeweiligen Mitarbeiters nicht nur enorme Kosten, sondern kann durch Personalmangel auch zu einer Verzögerung des gesamten Projekts führen.

Maßnahmen wie Absperrungen oder Bauzäune stoppen Unbefugte, die Baustelle zu betreten.

Hilfe erhalten Unternehmen von so genannten Sicherheitsbeauftragten (SiBe): Sie sind schriftlich bestellte Personen, die Unternehmen bei der Durchführung von Maßnahmen zur Verhütung von Arbeitsunfällen, Berufskrankheiten und arbeitsbedingten Gesundheitsgefahren unterstützen. Die Aufgaben eines SiBe werden von der DGUV in der DGUV Vorschrift 1 §20 festgelegt. Hier sind alle Regelungen zur Bestellung sowie den Aufgaben und Pflichten definiert. Hier heißt es in Absatz 1 zum Beispiel: »In Unternehmen mit regelmäßig mehr als 20 Beschäftigten hat der Unternehmer unter Berücksichtigung der im Unternehmen bestehenden Verhältnisse hinsichtlich der Arbeitsbedingungen, der Arbeitsumgebung sowie der Arbeitsorganisation, Sicherheitsbeauftragte in der erforderlichen Anzahl zu bestellen.« Zu beachten ist, dass die Rolle des SiBe ehrenamtlich ausgeführt wird: Die Aufgaben müssen also neben der üblichen Tätigkeit übernommen werden.

Steigtechnik als großer Unfallherd

Ein falscher Schritt oder ein kurzer Moment der Unachtsamkeit: Erhebungen der DGUV zeigen, dass sich jedes Jahr tausende Arbeitsunfälle ereignen. Insbesondere bei Arbeiten in der Höhe sind die Folgen schwerwiegend, mitunter sogar tödlich. Um solche Unfälle zu vermeiden, ist die richtige Wahl des Höhenzugangs entscheidend. Erhebungen zeigen, dass Abstürze unter anderem durch die Verwendung ungeeigneter, unvollständiger oder unsachgemäß genutzter Zugangslösungen verursacht werden. Arbeitgeber sind daher im Rahmen der Betriebssicherheitsverordnung (BetrSichV) verpflichtet, geeignete Steigtechnik zur Verfügung zu stellen, die den geltenden Normen und gesetzlichen Vorschriften entspricht. Die »Technischen Regeln für Betriebssicherheit« (TRBS) ergänzen die Vorgaben und legen spezielle Anforderungen an Leitern fest. Teil 2 der Richtlinie »Gefährdung von Beschäftigten bei der Verwendung von Leitern« unterscheidet zudem zwischen der Verwendung von Leitern als Verkehrsweg und als erhöhtem Arbeitsplatz. Wenn die Leiter als Arbeitsplatz genutzt werden soll, gelten weitere Vorgaben: Arbeiten auf der Leiter dürfen nur auf Stufen oder Plattformen ausgeführt werden. Bei einer Standhöhe von bis zu zwei Metern gibt es keine zeitliche Begrenzung für die Arbeiten. Bei Höhen zwischen zwei und fünf Metern sind maximal zwei Stunden pro Arbeitsschicht erlaubt. Zusätzliche Sicherheit gibt die europäische Norm EN 131: Leitern, die der EN 131 entsprechen, erfüllen wichtige Anforderungen an Festigkeit, Stabilität, Ruschfestigkeit und Witterungsbeständigkeit. Zum Beispiel müssen Leitern mit einer Länge von über drei Metern eine angemessen breite Standfläche haben, damit man sicher darauf stehen kann.

Absicherung der Baustelle selbst

Ebenso gilt es, die Baustelle als solches abzusichern: Neben Baustellenüberwachung zur Unterbindung von Diebstählen und / oder Vandalismus (die bau­SICHERHEIT berichtet ausführlich ab Seite 51) sind ausreichende Beleuchtung, Warnschilder sowie Absperrtechnik wichtige Faktoren, um ein sicheres Arbeitsumfeld zu gewährleisten. Unzureichende Beleuchtung kann unter anderem zu Stolper-, Rutsch und Sturzunfällen (SRS-Unfälle) und zu einer Fehlbelastung der Augen führen. Daher müssen Baustellen auch tagsüber bei nicht ausreichenden Lichtverhältnissen künstlich beleuchtet werden. Dabei gilt es, die Beleuchtung den besonderen Bedingungen und den unterschiedlichen Arbeitsabläufen anzupassen. Sicherzustellen ist auch, dass Sicherheitsfarben, beispielsweise auf Beschilderungen, als solche erkennbar bleiben und dass sämtliche Arbeitsplätze gleichmäßig ausgeleuchtet werden. Hierfür sollten bevorzugt Leuchten mit einer breit strahlenden oder asymmetrischen Lichtverhältnissen eingesetzt werden. Für eine Baustelle im Hochbau empfiehlt die Berufsgenossenschaft der Bauwirtschaft (BG Bau) beispielsweise für die Allgemeinbeleuchtung eine mittlere Beleuchtungsstärke E von 20 Lux. Im Tunnelbau sind es bereits 100 Lux. Auch müssen besondere Gefahrenbereiche, unter anderem dort, wo sich Fuß- und Fahrzeugverkehr kreuzen, hervorgehoben werden: Hier kann zum Beispiel auf eine andere Lichtfarbe oder eine höhere Beleuchtungsstärke zurückgegriffen werden.

Ein falscher Schritt oder ein kurzer Moment der Unachtsamkeit: Erhebungen der DGUV zeigen, dass sich jedes Jahr tausende Arbeitsunfälle ereignen.

Darüber hinaus zählen auch Absicherungsmaßnahmen zu den wichtigen Bestandteilen einer Baustelle. Hier unterscheidet man zwischen äußerem und innerem Schutz: Der äußere Schutz stoppt Unbefugte, die

Baustelle zu betreten. Mögliche Maßnahmen sind alle Arten von Absperrungen, Bauzäunen, Abdeckungen, Absperrgittern oder eine Beschilderung. Ebenso beinhaltet der äußere Schutz die Regelung des Straßenverkehrs durch Schilder, Ampeln sowie Warnhinweisen und Barken. Der innere Schutz bezieht sich auf das Geschehen auf der Baustelle an sich. Übrigens: Das bekannte, gelbe Hinweisschild mit der Aufschrift »Betreten verboten!« reicht als Baustellenabsicherung nicht aus.

Sicher im Umgang mit Gefahrstoffen

Gefahrstoffe müssen so gelagert werden, dass Sicherheit und Gesundheit der Beschäftigten sowie der Schutz der Umwelt gewährleistet wird. Zu den Tätigkeiten mit Gefahrstoffen gehören auch Ein- und Auslagern, der Transport innerhalb des Lagers sowie die Beseitigung (unbeabsichtigt) freigesetzter Gefahrstoffe. Die Technische Regel für Gefahrstoffe (TRGS) 510 »Lagerung von Gefahrstoffen in ortsbeweglichen Behältern« legt dazu erforderliche Maßnahmen in Abhängigkeit von Art, Einstufung nach CLP-Verordnung und Menge des Gefahrstoffs fest und regelt, welche Stoffe zusammen, getrennt bzw. separat gelagert werden müssen. Die Lagerung an sich kann in separaten Gebäuden, Bereichen inner- oder außerhalb von Gebäuden sowie in Containern oder Schränken erfolgen (TRGS 510, Abschnitt 2). Verboten ist die Lagerung u. a. an Verkehrswegen wie Treppen, Durchfahrten oder Flucht- bzw. Rettungswegen. Gefahrstofflager an sich müssen mit ausreichender Beleuchtung und Belüftung ausgestattet sein und über einen gegen Gefahrstoffe beständigen, dichten, nicht saugfähigen Boden verfügen. Auch sind Löscheinrichtungen, Bindemittel u. ä. bereitzuhalten. Werden die Gefahrstoffe in ortsbeweglichen Behältern wie Fässern, Kanistern oder Containern gelagert, empfiehlt sich eine regelmäßige Kontrolle auf Beschädigungen. Die Fristen hierfür müssen in Abhängigkeit von Stoffeigenschaften, Art des Behälters sowie der besonderen Lagerbedingungen (z. B. im Freien, in Gebäuden, Lagertechnik) festgelegt werden. Der Zugang zum Gefahrstofflager selbst sollte grundsätzlich nur befugten Personen gestattet sein.


Ebenso begrenzt die Gefahrstoffverordnung (GefStoffV) die Menge an Gefahrstoffen am Arbeitsplatz auf die »Menge, die für den Fortgang der Tätigkeiten erforderlich ist«. Das entspricht zum Beispiel dem Tagesbedarf oder dem Bedarf für die Dauer einer Schicht. Ziel ist, Dauer und Ausmaß der Exposition am Arbeitsplatz möglichst gering zu halten und damit Gefährdungen für Gesundheit und Sicherheit der Beschäftigten zu vermeiden bzw. zu verringern.

Fahrzeugsicherheit nicht vergessen

Auf Baustellen gehören tonnenschwere Baumaschinen sowie On- und Off-Road-Baufahrzeuge fast immer zum Arbeitsumfeld. Sie stellen jedoch eine echte Gefahr dar. Immer wieder kommt es durch Unübersichtlichkeit, tote Winkel oder schlechte Sichtverhältnisse zu Unfällen, die nicht selten tödlich enden. Dementsprechend wichtig ist es, auch Baumaschinen und Fahrzeuge selbst sicherer zu machen, beispielsweise durch Seitenkameras, 360°-Kameras, Warnalarme oder Radarsensorsysteme. Diese zusätzlichen (Sicht-) Hilfen ermöglichen es den Maschinenführern, verdeckte Abschnitte des Gefahrenbereichs einsehen zu können, um Kollisionen mit Personen oder Gegenständen zu vermeiden.jvb

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