Hymer-Leichtmetallbau und die neue EU-Leiternorm: "Wir sind startklar"

Was die neue EU-Leiternorm (EN 131) angeht, haben die Hersteller noch einmal eine ­Schonfrist bekommen_ Erst zum Jahresbeginn 2018 (und nicht schon, wie geplant zum kommenden November) werden die Änderungen wirksam. Trotzdem laufen die Vorbereitungen auf Hochtouren. Die bauSICHERHEIT hat bei einem der führenden Steigtechnikhersteller ­nach­gefragt, was sich für wen und ab wann ändert.

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Die Norm besteht aus mehreren Teilen, die aktuelle Änderung bezieht sich zunächst auf zwei davon Teil 1 betrifft auch die Anwender, regelt aber vor allem konstruktive Anforderungen, Bauarten und Funktionsmaße; Teil 2 definiert neue Prüfanforderungen für die Hersteller. Volker Jarosch, Leitung Produktentwicklung Steigtechnik bei Hymer-Leichtmetallbau, erklärt: »Neu ist, dass Anlegeleitern ab einer Leiterlänge von 3 m mit einer Standverbreiterung ausgerüstet sein müssen. In den meisten Fällen wird das eine Traverse sein, deren Länge abhängig von der Leiterlänge ist und maximal 1,2 m beträgt.«

Daraus ergeben sich einige konstruktionsbedingte Änderungen, an denen die Produktentwick­ler in Wangen-Käferhofen (Baden-Württemberg) seit einiger Zeit feilen. So müssen beispielsweise mehrteilige Schiebe- oder Mehrzweckleitern so gebaut sein, dass sich kein einzeln abnehmbares Teil als separate Leiter verwenden lässt – zumindest, wenn es 3 m lang ist. »Denn dann würde ja wiederum eine Standverbreiterung benötigt«, er­läutert Jarosch. Ist diese nicht vorhanden, soll künftig ein Bolzen das Abnehmen des oberen Leiterteils verhindern.

Erstmals Einteilung in zwei Leiterklassen

Teil 2 der veränderten Leiternorm definiert neue Prüfanforderungen. So wird die Festigkeit künftig nicht mehr nur in liegendem Zustand auf zwei Böcken, sondern in Anlegeposition und mit hö­heren Prüflasten ermittelt. »Neu ist aber in erster Linie, dass bei Leitern künftig zwischen professioneller und nicht-professioneller Nutzung unterschieden wird«, erklärt Jarosch.

Die Prüfanforderungen für gewerblich genutz­te Profi-Leitern sind entsprechend höher als bei ­Leitern für den nicht beruflichen Gebrauch. Bei der Dauerhaltbarkeitsprüfung steht ein Leiterholm 2 cm erhöht und die Leiter wird abwechselnd an der obersten Sprosse (bzw. Plattform) sowie in der Mitte mit einer Prüflast von 1 500 N (entspricht ca. 153 kg) belastet. Profi-Stehleitern müssen bei diesem »Stampftest« künftig 50 000 Prüfzyklen überstehen, Haushaltsleitern nur 10 000.

Auch die Festigkeitsprüfung wird strenger_ Statt bisher 112 kg Prüflast in liegendem Zustand erfolgt die Prüfung jetzt in Gebrauchsstellung und mit 275 kg (Profi-Leitern) bzw. 229 kg (Heimwerker-Leitern). Diesen Lasten muss die Leiter eine Minute standhalten. Dabei darf sie sich laut neuer Norm zwar verformen, nicht aber brechen oder reißen.

Neu ist auch eine Verdrehungsprüfung für Steh- und Anlegeleitern, deren an den jeweiligen Leitertyp angepassten Prüfverfahren für mehr Sicherheit beim Arbeiten in der Höhe sorgen sollen. In Sachen Rutschhemmung müssen Anlegeleitern künftig auch einen Test bestehen und beweisen, dass Leiterfüße und -schuhe zumindest auf einer Glasplatte bei einer Belastung mit 150 kg um nicht mehr als 4 cm verrutschen.


Hersteller-Frist bis zum Jahreswechsel

Bis Ende 2017 gelten die Teile 1 und 2 der EN 131 noch in neuer und alter Fassung, zum Jahresbeginn 2018 ist dann nur noch die neue Fassung gültig. Ab dann dürfen Hersteller nur noch Leitern ausliefern, die der neuen Norm entsprechen. »Wir werden unsere Produktion im Herbst umstellen und so gewährleisten, dass bis zum Stichtag alle Leitern der neuen Normfassung entsprechen«, erläutert Jarosch.

Für den Handel ergeben sich keine Änderungen, betont Jarosch_ Lagerbestände an Leitern, die der bisherigen Norm entsprechen, dürfen ganz normal auch nach dem 1. Januar 2018 weiter­verkauft werden. »Leitern, die nach der bisherigen Norm produziert wurden, gelten ja nicht als un­sicher«, stellt Jarosch klar. Der Handel sehe sich ja in vielen Sortimenten ständigen Normänderungen ausgesetzt und müsste sonst ständig seinen Bestand ändern, gibt er zu bedenken. »So ge­schieht die Angleichung ohne Zeitdruck – und führt damit mittelfristig zu einer Verbesserung der im Gebrauch befindlichen Leitern«, erläutert Jarosch.

Auch die Verwender, weder berufliche noch ­private, treffe keine Verpflichtung, alte Leitern gegen neue auszutauschen. Aber_ »Für gewerbliche Verwender gilt unverändert die Betriebs­sicherheitsverordnung, die sie dazu verpflichtet, ihren Leiterbestand in Schuss zu halten«, betont Jarosch. Konkret heißt das_ In regelmäßigen Abständen müssen die Leitern im Rahmen einer Gefährdungsbeur­teilung auf ihre Eignung und ihren Zustand hin bewertet werden.

Seminar zu Leiter- und Gerüsteprüfung

»Worauf es bei der Leiterprüfung ankommt, vermitteln wir regelmäßig in unseren Seminaren«, erklärt Jarosch. Referenten, auch externe von TÜV und Berufsgenossenschaften, vermitteln Profis in Theorie und Praxis, worauf es zu achten gilt und wie vor allem die wasserdichte Dokumentation der Leiterprüfungen auszusehen hat – was besonders im Schadensfall enorme Wichtigkeit hat.

»Bei diesen Veranstaltungen begrüßen wir derzeit hauptsächlich Teilnehmer aus der Industrie und dem kommunalen Bereich – Handwerker sind eher unterrepräsentiert«, bedauert er. Auf großes Interesse stößt das Angebot auch beim Fachhandel, der zunehmend seine Kompetenz erweitere und Betriebsmittelprüfungen immer mehr auch als direkte Dienstleistung anbiete. »Besonders für kleinere Unternehmen ist das eine echte Alternative«, sagt Jarosch. Im Jahr 2017 sind Seminare noch geplant am 21. September, 19. Oktober und 30. November, jeweils von 9 Uhr bis 16 Uhr.

Alle Änderungen zur neuen Leiternorm EN 131 hat der Hersteller in einer Broschüre zusammen­gefasst. Erhältlich ist diese über den Fachhandel oder zum Download unter hymer-alu.de.

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