Caterpillar Inc. »Cat Command«: Baumaschinen remote steuern

Pressemitteilung | Lesedauer: min | Bildquelle: Caterpillar
Von: Jessy von Berg

Es wirkt beeindruckend, und sicherlich auch ein Stück weit gespenstisch, wenn ein  »Cat 395«-Kettenbagger mit einem Einsatzgewicht von über 90 t ohne Fahrer in der Kabine über die Baustelle fährt. Möglich macht das die Remote-Einheit »Cat Command«: Die tonnenschwere Baumaschine lässt sich aus der Ferne bedienen. Hierfür sitzt der Maschinist in einer Bedieneinheit, bestehend aus Monitoren und realistisch nachempfundenem Fahrersitz, und kann den Bagger hochpräzise steuern. Der Clou: Gerade in gefährlichen Arbeitsbereichen sorgt die Remote-Lösung dafür, den Menschen zu schützen. Ein gutes Beispiel dafür, wie ausgereift und zuverlässig »Cat Command« mittlerweile arbeitet, hat sich bei Lukas Gläser gezeigt: Die Firmengruppe betreibt einen Steinbruch und dort wurden  mit Unterstützung von Zeppelin der Kettenbagger »395« sowie der Dozer »D6XE« mittels Remote-Zugang verwendet.

Die Baumaschine bewegt sich im Steinbruch von Lukas Gläser wie von Geisterhand in Richtung Abbauwand. Hinter dem Steuer: kein Fahrer. Dieser sitzt in einem komfortablen Container in sicherer Entfernung und steuert das 90 t schwere Flaggschiff remote. Die Firmengruppe Lukas Gläser hat diesen Juli als erster Steinbruch in Deutschland »Cat Command« von Zeppelin und seiner Niederlassung Böblingen in Betrieb genommen. Rohmaterial wird in den nächsten Jahren auch entlang einer Endabbauwand, also entlang der genehmigten Abbaugrenze, abgebaut werden. Um hierbei die Lagerstätte möglichst vollständig und nachhaltig zu gestalten, ist eine Endabbauwand in fast senkrechter, durchgängiger Höhe der Lagerstättenmächtigkeit von rund 70 m anzustreben. Das ist bislang gemäß DGUV-Vorschrift 29 §13 ausgeschlossen. Seit ein paar Wochen ist das nun bei Lukas Gläser laut der BG Bau durch eine Ausnahmegenehmigung erlaubt, weil mittels »Cat Command« eine Gefährdung des Baggerfahrers ausgeschlossen werden kann. Der Fahrer bewegt die Baumaschinen aus sicherem Abstand – eine Gefahr für ihn besteht nicht. Für den Einsatz der

Baumaschinentechnik war eine Gefährdungsbeurteilung nötig, wenn der Bagger unterhalb und entlang der Wand arbeitet. »Durch die Fernsteuerung können wir maßgeblich die Sicherheit für den Mitarbeiter verbessern und ihn von dem Gefahrenbereich komplett fernhalten. Schöner Nebeneffekt: Beim Auf- und Absteigen passieren die meisten Unfälle beziehungsweise Stürze, weil Fahrer von ihren Geräten springen und sich beispielsweise den Fuß verdrehen. Auch das Risiko besteht nicht mehr«, so Peter Antweiler, Prokurist und technischer Leiter der Rohstoffbetriebe der Lukas-Gläser-Gruppe. Erstmals im Einsatz gesehen hat er auf der Steinexpo 2023 einen Cat-Kettenbagger »323«, der von einer externen Bedienstation in einem Anhänger gegenüber ferngesteuert wurde, ohne dass dabei ein Fahrer in der Kabine saß. »Dass die Inbetriebnahme dann bei uns im Steinbruch im Juli drauf innerhalb so kurzer Zeit erfolgen konnte, war sehr ambitioniert. Aber das haben wir der mutigen Entscheidung der Abteilung Prävention der BG Bau in Berlin zu verdanken, die unserem Antrag bereits nach zwei Monaten stattgegeben hat. Es gibt also hierzulande nicht immer nur Verhinderungspolitik, sondern es ist ein gutes Beispiel für die Anwendung einer effektiven Technologie, die zur Sicherheit beiträgt und uns wiederum erlaubt, Ressourcen der Lagerstätte vollständig zu nutzen und die Fläche im Steinbruch vollumfänglich in Anspruch zu nehmen«, erklärt der Prokurist. Dass es seitens BG Bau grünes Licht für den Einsatz von »Cat Command« gab, um den Abbau unterhalb der Wand vorzunehmen, lag auch daran, dass es einen Handsender gibt, mit dem die Remote-Verbindung zur Maschine, ob Bagger oder Dozer, getrennt werden kann und auch nur über diesen Sender wiederhergestellt werden kann. Damit kann z. B. der an der Maschine reparierende Mitarbeiter sicher sein, dass ohne seine Freigabe sich die Maschine aus der Ferne nicht in Bewegung setzen wird.

Beim Rohstoffabbau  unterstützt in Zukunft  »Cat Command« den Einsatz  des Cat-Kettendozers »D6XE« und  des Cat-Kettenbaggers »395«.

Sicherheit steht an erster Stelle

Doch das ist nicht die einzige Sicherheitsvorkehrung, die getroffen wurde. Um zu verhindern, dass Personen sich unbewusst den unbemannten Baumaschinen nähern, wenn diese remote arbeiten, wurden Warnhinweisschilder auf dem Gelände angebracht. Im Abbau ist es nicht erlaubt, dass sich Fremdfahrzeuge dort aufhalten, wo der Cat »395« arbeitet. Die Schubraupe ist im Remote-Betrieb nicht im Einsatz, wenn Fremdfahrzeuge im Auffüllbereich fahren. Sie arbeitet im unmittelbaren Gefahrenbereich unterhalb der hohen Endabbauwand zeitversetzt, um einen zu engen Kontakt mit dem Lieferverkehr zu verhindern. Lukas Gläser hat sich bewusst für eine Steuerung entschieden, die für den kontinuierlichen Datenaustausch auf Funk angewiesen ist. »Wir wollten unsere Mitarbeiter bewusst im Stein- bruch halten, damit sie mit den Abbaubedingungen vertraut bleiben«, verdeutlicht der technische Leiter der Rohstoffbetriebe.

»Fahrer muss Gefühl für Maschine haben«

Drei erfahrene Mitarbeiter, die bereits routiniert im Umgang mit einer Schubraupe und einem Kettenbagger sind, quer durch verschiedene Altersstufen von Anfang 20 bis Anfang 50, hat die Unternehmensgruppe für die Steuerung »Cat Command« ausgewählt. Wesentliche Anforderung, die an die drei Maschinisten gestellt wurde: Sie sollten Interesse an Remote-Technik aufbringen und sich auf eine neue Form der Maschinensteuerung einlassen. »Die Fahrer müssen unbedingt ein Gefühl für Baumaschinen haben, da sie nicht mehr direkt spüren, wenn sich ihr Gerät zu stark auf eine Seite neigt. Hierfür braucht es einfach Erfahrung, um zu wissen, wie weit man als Maschinist gehen kann, wenn man das Gerät nur über Monitore bewegt«, so Peter Antweiler. Um den Umgang mit »Cat Command« zu erlernen und sich die Technik zu eigen zu machen, wurden die drei Mitarbeiter in Málaga, wo Caterpillar seit 1971 sein Demonstration and Learning Center unterhält, von Spezialisten wie Christian Berling, Caterpillar-Vertriebsbeauftragter für »Cat Command«, in den Umgang eingewiesen und geschult. Auch die bauSICHERHEIT war bereits mehrfach in Malaga und durfte das Remote-System direkt vor Ort unter die Lupe nehmen. »Die Fahrer haben uns sehr in unseren Überlegungen unterstützt, das System einzuführen – ohne ihr positives Feedback wäre uns die Einführung deutlich schwerer gefallen«, räumt Peter Antweiler ein. Mitarbeiter mitnehmen und einbinden sind Grundvoraussetzungen im Change-Management, damit das Team neue Systeme wie dieses annimmt und akzeptiert. »Unsere Branche hat leider ein Imageproblem. Sie muss sexy werden und Baggerfahren muss für den Nachwuchs so attraktiv werden wie Playstation zu spielen. Mit der Fernsteuerung können wir auch junge Menschen begeistern, in einem Steinbruchbetrieb zu arbeiten«, erhofft sich Christoph Kübler, Geschäftsführer von Lukas Gläser, und das war sein Antrieb wiederum, in die Technik zu investieren. Schließlich ist »Cat Command« bereits die Vorstufe zur selbstfahrenden Baumaschine und dem autonomen Steinbruch. »Mit dem Einstieg in die Fernsteuerung setzen wir ein Signal, dass wir bereit dazu sind und von Anfang an bei der Entwicklung mit dabei sein wollen«, betont Antweiler.

Mitarbeiter der Lukas-Gläser-Gruppe nahmen zusammen mit dem Caterpillar- und Zeppelin-Team die neue Fernsteuerungstechnologie in Betrieb.

Vom Container aus auf der Baustelle agieren

Die Bedienstation, untergebracht in einem modernen Container außerhalb des Gefahrenbereichs, ist der neue Arbeitsplatz für die Mitarbeiter geworden. Sie hatten ein Mitspracherecht bei der Gestaltung, was auch genutzt wurde. Der Container erhielt einen Teppichboden. An der Wand hängt ein Bild vom Steinbruch. Das soll für eine angenehme Arbeitsatmosphäre sorgen. »Die Fenster wurden wiederum abgedunkelt – auf besonderen Wunsch der Maschinisten. Sie wollen keinen Blickkontakt zu ihrem Arbeitsgerät halten, um keinen falschen Eindruck, bedingt durch die räumliche Perspektive, zu bekommen. Wichtig ist ihnen auch, nicht durch Störeinflüsse von außen abgelenkt zu werden, sondern sich voll auf die Bildschirmanzeigen zu konzentrieren und sich ausschließlich daran zu orientieren«, erklärt der technische Leiter. Vier an der Maschine montierte Kameras sind Standard bei dem »Command«-Kit. Sie sind nötig, um dem Fahrer auf dem Bildschirm vor ihm einen Echtzeit-Videostream von den Bewegungen der Baumaschine zu liefern.

Auffallend war auch, dass sich die jüngere Generation der Mitarbeiter deutlich schneller und leichter mit dem neuen System vertraut machen konnte. »Die Fahrer müssen die Bewegung des Baggers und Dozers immer noch an den Monitoren als 2-D-Anzeige einstufen können. Dafür braucht es ein Gefühl und Grundverständnis, das man nur entwickeln kann, wenn man versteht, wie die Baumaschinen funktionieren, und wenn man regelmäßig mit ›Cat Command‹ arbeitet. Konkret muss sich ein Fahrer an ganz anderen Anhaltspunkten orientieren, wenn er den Löffel des ›Cat 395‹ in der Mulde leert«, erklärt Peter Antweiler.


Einsatz in anderen Bereichen möglich

Doch wäre ein Einsatz auch in anderen Geschäftsbereichen der Firmengruppe wie dem Tief- und Straßenbau denkbar? »Das sehe ich zurzeit noch nicht«, lautet seine Antwort. »Ich sehe Potenziale für die Anwendung bei Abbrucharbeiten, wo es ebenfalls eine Gefahrensituation für Mitarbeiter gibt, wenn sie mit einer Baumaschine unter beengten Verhältnissen arbeiten müssen.« Aktuell geht es darum, dass sich die Abläufe im Rohstoffbetrieb bei Lukas Gläser festigen, aber auch Empfänger und Sender der Funkfrequenz müssen nachgebessert werden. Noch tritt eine Störung auf. Aktuell befinden sich auch Baukräne auf dem Gelände, die das neue Schotterwerk der Lukas-Gläser-Gruppe errichten. Sie greifen genauso auf eine Funkfrequenz zurück wie Brecher und Bohrgeräte in der Rohstoffgewinnung. »Wir können jedoch ausschlie- ßen, dass es hier deswegen zu Störungen kommt, und müssen der Ursache auf den Grund gehen. So ein grundlegend neues Steuersystem muss sich erst einspielen, und es war klar, dass es Anlaufschwierigkeiten geben wird. Bei Cat weiß man jedoch, dass so ein System ausgiebig getestet wurde und nur eingeführt wird, wenn es auch funktioniert«, ist Peter Antweiler überzeugt.jvb

[17]
Socials