Der bauSICHERHEIT - Praxisbericht

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Von: Dan Windhorst

Was einen Schutzhelm auf der Baustelle auszeichnet: Bauprofis testen acht Modelle von vier Herstellern

Der Kopf ist der komplexeste, zerbrechlichste und damit schützenswerteste Körperteil des Menschen. Ein Sturz oder Aufprall kann bereits aus geringer Höhe lebensgefährliche Schäden zur Folge haben. Gerade deshalb nimmt der Kopfschutz in der Bauindustrie einen besonders hohen Stellenwert ein. Denn dort lauern viele Gefahren, etwa durch herabfallende Gegenstände oder Sturz- und Anstoßunfälle. Im Mittelpunkt steht deshalb das Tragen von Schutzhelmen und damit ein Bereich der Persönlichen Schutzausrüstung (PSA), der mit vielen Faktoren einhergeht. Denn eine zuverlässige Schutzfunktion allein macht einen guten »Bauhelm« noch lange nicht aus. Das wissen vor allem diejenigen, die tagtäglich auf Baustellen arbeiten und ihre ganz eigenen Erfahrungen mit Schutzhelmen abseits aller Herstellerversprechen machen. Die Redaktion der bauSICHERHEIT hat in diesem Sommer erstmals ein umfangreiches Praxisprojekt auf den Weg gebracht und wollte wissen, was echte Profis am Bau von den aktuellen Schutzhelm-Modellen am Markt halten.

Ein großer Dank gilt in diesem Zusammenhang den Herstellern MSA Safety, Voss, Petzl und JSP Safety, die ihre neuesten Lösungen für dieses Projekt zur Verfügung gestellt haben. Als unabhängige Testgruppe diente ein eingespieltes Team der Firmengruppe Dobler, einem familiengeführten Bauunternehmen aus dem Allgäu, das bereits auf eine über 140-jährige Firmengeschichte zurückblickt und großen Wert auf professionelle Schutzausrüstung legt. In einem Zeitraum von acht Wochen hat das Dobler-Team acht verschiedene Helm-Modelle getragen und dabei alles bis ins kleinste Detail unter die Lupe genommen. Nach Abschluss des Projekts war eines nämlich mehr als offensichtlich: Ein Bauhelm muss mehr können, als »nur« zu schützen.

Zwischen Stahlstreben, Staub und sengender Hitze: Am großen Tag der Helm-Übergabe brannte die Sonne im Allgäu unerbittlich vom Himmel. Das Dobler-Team hatte uns bereits erwartet und war gespannt auf die Helme von JSP Safety, Petzl, Voss und MSA Safety. Jeder Hersteller hatte jeweils zwei verschiedene Ausführungen für das Helm-Projekt zur Verfügung gestellt – getestet wurden insgesamt acht Modelle für den Bereich Hoch- und Tiefbau. Die Probanden Alfons Eibeler (Kranfahrer, 60 Jahre), Jürgen Martin (Polier, 49 Jahre), Deniz Soyari (Facharbeiter, 19 Jahre) und Mario Gutsfeld (Facharbeiter, 40 Jahre) sind erfahrene Baufachleute, die ihre neuen Helme bereits beim Auspacken ausgiebig unter die Lupe nahmen. Und genau das ist es, was dieses Projekt letztlich so interessant macht: Natürlich müssen Kopfschutzlösungen zahlreichen Vorgaben und Richtlinien genügen. Doch neben der Erfüllung wichtiger Schutzkriterien sollen sie auch alltagstauglich sein.

Die Redaktion der bauSICHERHEIT hat schon zahlreiche nationale und internationale Hersteller an deren Produktionsstandorten besucht und erfahren, wie ein Helm hergestellt, vermarktet und getestet wird. Bei diesen wichtigen Informationen fehlte aber ein Aspekt: Die Einschätzung und Beurteilung derer, die einen Helm auch tatsächlich acht bis zehn Stunden am Tag nutzen. Zu verstehen ist dieses Praxisprojekt allerdings nicht als klassischer Vergleichstest. Die verschiedenen Modelle wurden bewusst nicht direkt miteinander verglichen. Und das hat zwei Gründe: Erstens gibt es den »einen richtigen Helm« nicht – jede Ausführung und jedes Modell ist zu individuell gestaltet. Zweitens verhält es sich bei Helmen ähnlich wie mit Schuhen: Oft ist es Ansichtssache, wie und was bewertet wird. Ein gutes Beispiel dafür ist das Design. Auch das ist in den vergangenen Jahren zu einem wichtigen Kriterium geworden, weshalb jeder Helm subjektiven Einschätzungen unterliegt. Problemlos darstellen lassen sich allerdings die Erfahrungswerte unserer Teilnehmer am Praxisprojekt – und damit die Einschätzung von Profis, die bei der Beurteilung der Helme alles andere als zimperlich sind.

Vier Hersteller und mehrere Modelle

Der Markt für Schutzhelme ist groß, nicht zuletzt auch deshalb, weil jeder Arbeitsbereich auch individuelle Schutzanforderungen mit sich bringt. Während der Forstbereich beispielsweise zusätzlich zum Aufprall und Anstoßschutz auch integrierte Hör- und Sichtschutzlösungen abverlangt, sind beim klassischen Bauhelm völlig andere Voraussetzungen gefragt. Einige Hersteller setzen zudem auf Kombi-Modelle und damit Helme, die sich mittels flexibel einsetzbarer Zubehörteile für den jeweiligen Arbeitseinsatz nutzen lassen. Im Folgenden stellen wir Ihnen alle teilnehmenden Hersteller sowie deren Helm-Modelle im Einzelnen vor, inklusive der Erfahrungen, die unsere Tester im Verlauf der acht Wochen mit den Kopfschutzlösungen gemacht haben.

Modular und modern: Helme von JSP Safety
 

Für JSP Safety gingen »EVOLite« und »EVO VISTAlens Dual-switch« an den Start – zwei Modelle, die sich aufgrund des modularen Systems mit zahlreichen Features ausstatten lassen. Auf diese Weise möchte das Unternehmen ein möglichst breites Anwenderspektrum ansprechen. Zu den Zubehörteilen gehören beispielsweise Nackencapes, Helmausleuchtungen, verschiedene Schweißbänder, mehrere Kinnriemen mit und ohne Kinnschutz, Lampen- und Brillenhalter, LED-Lampen, großflächige Visiere, Schutzbrillen und Gehörschutzlösungen wie »Sonis«-Gehörschützer, die sich in den Helm integrieren lassen. Auf diese Weise, so der Hersteller, kann der Helm den individuellen Anforderungen des jeweiligen Arbeitsbereichs angepasst werden.

Polier Jürgen Martin trug im Rahmen des Projekts den Schutzhelm »EVOLite«, der für den Test mit integriertem ID-Badge-Holder sowie einer getönten »EVOSpec«-Schutzbrille ausgestattet war. Der Badge-Holder dient der Personalisierung und Individualisierung. Beispielsweise, so Jürgen Martin, könne dieses Feature gut genutzt werden, um die Helme untereinander nicht zu vertauschen. Lob fand der erfahrene Polier für die hohe Qualität: »Der Helm ist insgesamt gut verarbeitet, was man sofort spürt.« Der Helm weist mit weniger als 300 g ein geringes Gewicht auf und passt sich nach Aussage des Herstellers einer Reihe von Kopfgrößen sowie Formen an. Die Innenausstattung sowie die Außenschale sind so miteinander verbunden, dass der Helm fest und sicher auf dem Kopf sitzen kann. Das soll vor allem bei starkem Wind sowie bei Tätigkeiten, die eine hohe Mobilität erfordern, für mehr Schutz sorgen.

Gerade weil während der Testphase hochsommerliche Temperaturen auf der Baustelle herrschten, richtete sich das Augenmerk der Tester auch auf das Schweißband. Verarbeitet sind im »EVOLite« ein 6-Punkt-Terylene-Gurtsystem sowie ein »Chamlon«-Schweißband, das aus ägyptischer Baumwolle mit poröser Oberflächenschicht aus PU besteht. Letzteres soll laut Hersteller eine maximale Schweißaufnahme bieten. »Gerade im Sommer ist das natürlich extrem wichtig – und wurde bei diesem Helm auch gut gelöst«, so Jürgen Martin. Auffällig war für den Tester außerdem der tief sitzende Nackengurt, was für einen sicheren und festen Sitz sorge und der Helm dadurch nicht verrutschen könne. Ausstattbar ist das »EVOLite«-Modell sowohl mit Drehrad- als auch Gleitverschluss. »In meinem Fall verfügt der Helm über die Drehrad-Variante. Das macht das Aufsetzen und Feststellen schnell und unkompliziert.«

Vielseitig einsetzbar

Übrigens: Geeignet ist dieses Modell in der unbelüfteten Version auch für Elektriker. Der »EVOLite« erfüllt die Norm EN 50365 Klasse 0 10 kV. Diese gilt für elektrisch isolierte Helme für Arbeiten, die direkt oder in der Nähe von elektrischen Anlagen unter Spannung stattfinden (max. 1 000 V Wechselspannung oder 1500 V Gleichstrom). Beim Design fielen Jürgen Martin außerdem die zahlreichen Reflexionsbereiche auf, die seitlich sowie am Hinterkopf angebracht sind. Dabei handelt es sich um das passiv hochreflektierende Material »CR2«, das laut JSP Safety im Durchschnitt rund 60 Prozent mehr Reflexionsvermögen bieten soll und die Nachtsichtbarkeit im Kopfbereich deutlich erhöht.

Beim Schutzhelm »EVO VISTAlens Dualswitch« hingegen, den Jürgen Martin ebenfalls testete, gab es jede Menge Lob für die Ausstattung, die Größeneinstellung sowie die Handhabung. »Man merkt, dass sich da jemand Gedanken gemacht hat. Die einzelnen Komponenten wie die Überbrille oder der Nackenschutz sind gut integriert und leicht einzustellen.« Gleichwohl merkt Jürgen Martin an, dass die Ausführung mit der Überbrillentechnologie zwar noch mehr Extras als das andere Modell bietet, letztlich aber nicht für jede Situation gleichermaßen gut geeignet ist. »Es kommt natürlich immer auf die Arbeit an, die man gerade erledigt. Bei manchen Bewegungen war der Helm im vorderen Bereich etwas schwerer, weshalb man das Gefühl hat, dass er nicht richtig sitzt.« Um dem entgegenzuwirken, lässt sich der Helm allerdings noch fester mittels Drehradverschluss justieren oder mithilfe des vorhandenen Kinnriemens festmachen.


Nützliche Extras

Die bereits erwähnte Überbrillentechnologie ist vollständig einziehbar und mit der optischen Klasse 1 ausgestattet. Sie bietet eine Panoramasicht mit minimaler Verzerrung und entspricht der Norm EN166.1.FT.KN. Hinzu kommt, dass die Überbrille laut Hersteller einen effektiven Stoßschutz sowie eine kratzfeste Antibeschlagbeschichtung aufweist. Dazu gesellt sich das sogenannte »Dualswitch«-Kinnriemensystem, wodurch ein einfacher Wechsel zwischen der Arbeit am Boden und der Arbeit in der Höhe ermöglicht werden soll. Zur Info: Damit das Risiko der Strangulation reduziert wird, beträgt die maximale Haltekraft für den Kinnriemen bei der EN 397 Schiebe-Stellung weniger als 25 daN (250 N) – sie liegt zwischen 15 – 25 daN (150 – 250 N). Der Kinnriemen lässt sich daher selbst bei einer Verhakung lösen. In dieser Stellung erfüllt er die Standards: EN 397, EN 50365 & ANSI/ ISEA Z89.1. Für das Arbeiten in der Höhe ist hingegen wichtig, dass die Haltekraft für den Kinnriemen bei diesem Helm mindestens 50 daN (>500 N) beträgt, um so das Risiko des Verlustes des Helmes während eines Sturzes zu vermindern.

Aussagen des Herstellers zufolge lege man zudem großen Wert auf die hauseigenen Testverfahren: Beim sogenannten »Molten Metal«-Test zum Beispiel wird geschmolzenes Metall auf die Helmschale gegossen. Das Metall darf nicht in die Helmschale eindringen, eine Verformung der Helmschale muss unter <10 mm bleiben und die Flammen dürfen nach fünf Sekunden nicht weiterbrennen. Hinzu kommt der Verformungstest: Die seitliche Verformung ist ein zusätzlicher EN 397-Test, bei dem der Helm zwischen zwei Stahlplatten platziert wird und seitliche Druckkräfte von bis zu 430 N wirken. Die Anforderung ist, dass die maximale seitliche Verformung <40 mm und die verbleibende Verformung <15 mm beträgt. Last but not least prüft JSP Safety seine Helme unter extremen Temperaturbedingungen: Der Helm wird in einer Kältekammer bei -40 °C bis zu 24 Stunden lang vorbehandelt. Der Helm muss dann den EN 397-Test auf Stoßdämpfung und Schlagfestigkeit standhalten.

Kompakte Schutzhelme von MSA Safety


Aus dem Hause MSA Safety hat das Dobler-Team den neu entwickelten Schutzhelm »V-Gard H1 Novent« unter die Lupe genommen. Zusätzlich bietet der Hersteller noch zwei weitere Ausführungen des »H1« an: die belüftete Variante »Bivent« sowie das unbelüftete Modell »Trivent«, der die Norm EN 12492 für Bergsteigerausrüstung erfüllt. Auffällig ist bei allen Varianten des »V-Gard H1« in erster Linie das moderne Design mit einer eng anliegenden Konstruktion, was aus Sicht des Herstellers einerseits einen hohen Komfort, andererseits aber auch eine gute Handhabung ermöglichen soll. Erprobt haben das in diesem Fall Alfons Eibeler und Deniz Soyari. Beide befürworteten die Mischung aus geringem Gewicht und kompakter Gestaltung. »Der MSA-Helm sieht futuristisch aus – fast schon etwas zu schick für den Bau«, sagt Alfons Eibeler schmunzelnd und stellt klar, dass die Qualität und Verarbeitung des »V-Gard« nicht nur sicht-, sondern auch spürbar sei. Insgesamt zeigten sich beide Tester überzeugt vom Gesamtkonzept des Helmes, waren sich allerdings uneins beim Thema Komfort. Während Alfons Eibeler die Handhabung und das Tragegefühl lobt, kritisiert Deniz Soyari den Verstellriemen: »Nach einiger Zeit ist der Riemen nach oben gerutscht, was sich aber schnell wieder justieren lässt.« Erfreut waren beide zudem von der guten Belüftung: »Der Helm ist atmungsaktiv, was gerade im Sommer super wichtig ist«, so Deniz Soyari. Unterstützt wird das laut MSA Safety durch die kontaktlose Hartschaumstoffauskleidung und ein hochwertiges Schweißband, um eine optimale Luftstromführung und damit gezielte Kühle für den Träger zu erreichen.

Einfache Handhabung

Eine Besonderheit des Helmes ist außerdem ein patentiertes Schienensystem, mit welchem das Ein- und Ausbauen von Visieren und Brillen erleichtert wird. So sind nur wenige Handgriffe nötig, um das gewünschte Feature anzubringen. Und genau hier hat MSA Safety in den vergangenen Jahren interessante Extras auf den Weg gebracht: Neben Gesichtsschutzlösungen lassen sich deren Helme beispielsweise auch mit Nackenschutz, Unterziehhauben für kältere Tagen oder auch Kühleinlagen ausstatten. Ähnlich der Reflektor-Technologie von JSP setzt MSA darüber hinaus auf eine höhere Sichtbarkeit durch reflektierende Aufkleber. Im Inneren des Helmes entdeckten die beiden Tester zudem die »Fas-Trac«-Innenausstattung, die eine volle Bewegungsfreiheit bieten soll. Die schwenkbare Konstruktion sorgt dafür, dass sich der Helm mitbewegt, gleichzeitig aber festen Halt bietet. Auf diese Weise soll dem Träger auch bei hektischen Bewegungen ein gutes Tragegefühl geboten werden.

Tragekomfort trifft bei Petzl auf Vielseitigkeit


Der Hersteller Petzl schickte seine Modelle »Vertex« und »Strato Vent« ins Rennen, die von Deniz Soyari und Mario Gutsfeld ausprobiert wurden. Auffällig, so die beiden, sei beim »Vertex« das sportliche sowie moderne Aussehen: Aufgrund der markanten Form und des knallig gelben Designs tauften die Tester ihn kurzerhand den »Ei-Helm«. Gepunktet habe der »Vertex« aber vor allem mit der außergewöhnlich guten Passform, einem festen Halt und einem ausgewogenen Gesamtgewicht. »Du hast ihn aufgesetzt, er hat sofort gepasst und sich beim Tragen richtig gut angefühlt«, urteilte Soyari. Gleich dem »EVOLite« von JSP verfügt der Petzl-Helm ebenfalls über eine 6-Punkt-Textilaufhängung, kombiniert mit den sogenannten »Centerfit«- und »Flip&Fit«-Systemen, die Angaben des Herstellers zufolge den besonders guten Halt des Helmes auszeichnen sollen. Für die nötige Haltekraft sorgt außerdem ein Kinnband, welches die Probanten, wie bei allen anderen getesteten Helmen jedoch schon vor der Erstnutzung entfernt hatten. »Für unsere Arbeiten am Boden ist das Kinnband natürlich nicht notwendig, scheint aber bei allen Herstellern hochwertig und sicher gemacht zu sein«, so Jürgen Martin.

Der »Vertex« verfügt darüber hinaus über eine geschlossene Außenschale, was effektiven Schutz vor elektrischer Gefährdung bieten soll. Bekannt ist Petzl am Markt zudem für seine hochwertigen Stirnlampen: Sie lassen sich, ebenso wie Visiere, Gehörschutzlösungen und viele andere Zubehörteile, problemlos am »Vertex« anbringen. Das macht auch dieses Modell zu einer modularen Ausführung, weshalb sich der Helm vielseitig einsetzen lässt. Großes Lob hat Mario Gutsfeld überdies für das Einstellsystem übrig: Mithilfe der beiden seitlichen Einstellrädchen bleibt der Helm mittig auf dem Kopf sitzen und verrutscht nicht. Unterstützt wird das durch ein justierbares Kopfband, das sich weit nach unten positionieren lässt, um den Halt zu erhöhen. Wird es nicht benötigt, etwa beim Transport oder bei der platzsparenden Aufbewahrung, kann das System in der Helmschale verstaut werden.

Seitlich einstellbar

Beim »Strato Vent« wiederum spielte das ausgewogene Gewicht von rund 415 g eine Rolle: »Das hat mich am Anfang überrascht«, so Deniz Soyari. »Insbesondere deshalb, weil der Helm sehr wertig und gut verarbeitet rüberkommt.« Genauso wie der »Vertex« verfügt auch der »Strato Vent« über die »Centerfit«- und »Flip&Fit«-Systeme, was für einen guten Halt sorgt. Identisch sind darüber hinaus die seitlich angebrachten Einstellrädchen: »Dadurch wird die Handhabung vereinfacht – außerdem musst du keine umständlichen Verrenkungen machen, damit der Helm richtig sitzt«, ergänzt Deniz Soyari. Eine offensichtliche Besonderheit sind die markanten Lüftungsöffnungen, die sich an den Seiten des Helms zeigen: »Du spürst einfach, dass die Luft gut reinströmt. Gerade bei hohen Temperaturen auf der Baustelle ist so was besonders wichtig«, so Deniz Soyari. Betrachtet man das Innenleben des Helms, fällt hingegen auf, dass die Innenschale aus zwei Teilen besteht. Laut Hersteller kommen hierbei EPP (expandiertes Polypropylen) sowie EPS (expandiertes Polystryrol) zum Einsatz, um das Gesamtgewicht zu reduzieren.

Integriert ist im »Strato Vent« natürlich auch das Kinnband: Es bietet dem Benutzer laut Petzl die Möglichkeit, die Haltekraft des Helms zu ändern, um den Helm unterschiedlichen Arbeitssituationen anzupassen. So sei das Arbeiten in der Höhe nach EN 12492 damit ebenso möglich wie das Arbeiten am Boden nach EN 397. Der Clip verfüge zudem über zwei Positionen für zwei unterschiedliche Einsatzzwecke: hohe Haltekraft, um das Risiko zu reduzieren, dass der Helm bei einem Sturz vom Kopf gerissen wird, und geringe Haltekraft, um das Strangulationsrisiko zu reduzieren, wenn sich der Helm beim Arbeiten am Boden verfängt. Für beide Ausführungen von Petzl gilt, dass beispielsweise Schutzvisiere durch das seitliche »Easyclip«-System anbringbar sind. Verwenden lassen sich außerdem spezielle Schutzüberzüge, um die Helmschale vor Schmutz und Farbspritzern zu schützen. Petzl weist in diesem Zusammenhang außerdem darauf hin, dass gerade beim Einsatz auf der Baustelle die Verwendung von Nackenschutzlösungen sinnvoll ist, um den Nacken vor Regen und zu starken Sonnenstrahlen zu schützen. Aufwerten lassen sich die Petzl-Helme zudem mit Gehörschutz, Ausweishalter sowie Außenschale in Leuchtfarbe mit phosphoreszierenden Clips und reflektierenden Streifen.

Klassisch designt: Der Schutzhelm von Voss


Last but not least durfte der Schutzhelm »INAP-Profiler« von Voss Helme ans Werk: Auffälligstes Merkmal ist aus Sicht von Mario Gutsfeld das extrem geringe Gewicht: »Verglichen mit den anderen Modellen ist der Profiler ein echtes Leichtgewicht«, so Mario Gutsfeld. Tatsächlich weist das Produkt ein Helmschalengewicht von gerade einmal 250 g auf. Sofort ins Auge stach dem Dobler-Team aber auch das Design: Es ist, verglichen mit den anderen Modellen, eher klassisch gehalten. Markant ist beim »INAP-Profiler« hingegen die leicht im Nacken heruntergezogene Helmschale. Auch dieses Modell verfügt zudem über zahlreiche Aufwertungsmöglichkeiten. So stehen mehrere Slots für beliebiges Zubehör zur Verfügung, wodurch sich der Voss-Helm den jeweiligen Arbeitsbedingungen und -anforderungen anpassen lässt. Um erhöhten Schutz zu bieten, kann eine Helmhalterung angebracht werden, etwa, um einen Gesichts- oder Hörschutz zu integrieren. Dabei handelt es sich um einen Alu-U-Profilrahmen, der von vorn auf den Helm aufgeschoben und hinten durch eine Spiralfeder gehalten wird. Seitliche Drehelemente sorgen wiederum für ein schnelles und unkompliziertes Auswechseln verschiedener Gesichtsschutzschilde.

Individuell gestaltbar

Anbringen lassen sich auch Reflexstreifen, farbige Kopfbänder und Sonderfarben zur Personalisierung und schnelleren Identifizierung. Positiv bewertet das Team hier die Anbringung eines Sonnennackenschutzes, der laut Hersteller für einen UV-Schutz 50+ nach DIN EN 13758-1 :2 sorgt. Im Inneren des Helms findet sich hingegen ein 6-Punkt-Gurtband mit Drehverschluss. Wer möchte, kann allerdings auch auf ein 4-Punkt-System zurückgreifen. Für einen guten Sitz, den die Tester dem »INAP-Profiler« bescheinigen, ist hingegen ein stark abgewinkeltes Nackenband verantwortlich. Zudem verfügt der Helm über ein umlaufendes Schweißband, das sich bei Bedarf austauschen lässt. Gerade dann, wenn zusätzlich zu den ohnehin schon schweißtreibenden Arbeiten auf der Baustelle auch hochsommerliche Temperaturen jenseits der 30 °C vorherrschen, nimmt das Schweißband eine wichtige Funktion ein. »Schwitzen gehört zum Bau dazu – aber das kann schnell mal unangenehm und gefährlich werden, wenn Schweißtropfen im falschen Moment ins Auge laufen«, so Mario Gutsfeld. Der »INAP-Profiler« besitzt darüber hinaus eine regulierbare Belüftung, die sich mittels Scheiben einstellen lässt und einen mindestens genauso wunden Punkt bei den Bauprofis trifft wie das Schweißband: »Außenstehende müssen bedenken, dass wir die Helme über den ganzen Tag hinweg tragen müssen – wenn dann keine ausreichende Luft zirkulieren kann, wird es ziemlich schnell unangenehm.« Beim Voss-Helm begrüßte das Team daher, dass beide Aspekte gut umgesetzt wurden.

Ein Fazit: Lob für die Weiterentwicklungen


Bemerkenswert und beruhigend zugleich ist, dass keiner der getesteten Schutzhelme bei unseren Baustellen-Profis »durchgefallen« ist, sondern vielmehr die Entwicklungsarbeit der vergangenen Jahre gelobt wird. »Früher war ein Helm halt ein Helm – heute gibt es so viele Kriterien, die ein professioneller Kopfschutz erfüllen muss«, so Alfons Eibeler, der als Kranführer ohnehin mit ganz anderen Problemen zu kämpfen hatte wie seine Kollegen: »Ich muss andauernd nach oben schauen und den Kran im Blick behalten, da ist der Helm natürlich gern mal im Weg.« Trotzdem ist auch er positiv überrascht von den verschiedenen Einstellsystemen und dem sicheren Halt. Ein Manko sehen die Tester hingegen bei plötzlich auftretendem Regen: »Dann sind Helme mit zu kurzen Abmessungen und Luftschlitzen natürlich viel anfälliger.« Besonders hervorheben wollen die vier Bauprofis, dass ihnen die Weiterentwicklungen der Helme gefällt – insbesondere in den Bereichen einfacher Handhabung, Schutzfunktion, Design und Extras.

Helme mit viel Zubehör

»Heutzutage kann man seinen Helm jeder Arbeitssituation anpassen. Die Hersteller bieten viel Zubehör. Das hat den Vorteil, dass man unnötigen Kram weglassen und Zusatzfunktionen wie Sicht- oder Gehörschutz bei Bedarf integrieren kann, ohne dafür gleich einen komplett neuen Helm kaufen zu müssen«, so die Bauexperten. Ein weiterer wichtiger Aspekt für die Wahl des richtigen Kopfschutzes ist die Passform: Ein Helm kann den sensiblen Kopfbereich nur dann effektiv schützen, wenn er seine Position selbst im Falle eines Sturzes beibehält. Was viele Anwender aus Sicht der BG Bau sowie der DGUV außerdem gern vernachlässigen, ist die Frage nach der begrenzten Lebensdauer von Helmen.

Begrenzte Lebensdauer

Es hat einen guten Grund, warum Schutzausrüstung auf Baustellen möglichst lang getragen wird und gern auch mal etwas »zerlumpt« daher kommt. Egal ob Arbeitshose, Schutzhelm oder Sicherheitsschuh – die Schutzausrüstung muss tagtäglich getragen werden, weshalb der Tragekomfort eine immense Rolle spielt. Hinzu kommt der subjektive Eindruck, dass der alte Helm einfach besser sitzt als der Neue, was auch in unserem Praxistest immer wieder zum Thema wurde. Und das ist genau genommen doch sehr erstaunlich. Denn ein Schutzhelm verfügt über so gut wie keine verformbaren Teile. Ganz anders ist das beispielsweise bei Sicherheitsschuhen: Sie bestehen größtenteils aus flexiblen Materialien, die sich den Konturen und Druckpunkten des Fußes anpassen und dadurch mit der Zeit »mitwachsen«. Bekannt ist hierbei die Redewendung, dass ein guter Schuh sich erst einmal »einlaufen« muss. Aber wie bei so vielen Dingen im Leben lautet das Zauberwort auch hier Gewohnheit. Je länger ein Bauhelm getragen wird, desto angenehmer wird das Tragen empfunden. Damit einher geht allerdings auch die Gefahr, die Lebensdauer eines Schutzhelmes zu überschreiten. Denn trotz der starren und widerstandsfähigen Konstruktion hält ein Helm nicht ewig.

Die Gebrauchsdauer

Eines vorweg: Eine Langzeitstudie des Berufsgenossenschaftlichen Instituts für Arbeitssicherheit (BIA) und der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA) hat ergeben, dass selbst duroplastische Schutzhelme keine unbegrenzte Schutzfähigkeit besitzen. Auch sie altern entgegen einer weitverbreiteten Meinung ebenfalls durch Umgebungseinflüsse. Über einen Zeitraum von zehn Jahren wurden sowohl duro- als auch thermoplastische Helmschalen verschiedener Hersteller typischen Umwelteinflüssen im Freien ausgesetzt. Gezeigt hat sich laut DGUV, dass vor allem die UV-Strahlung und hohe Umgebungstemperaturen große Auswirkungen auf die Beständigkeit der Materialien haben.

Vier Jahre nutzbar

Im Vergleich zu duroplastischen Helmschalen vollziehe sich die Alterung bei thermoplastischen Ausführungen wesentlich schneller. Generell empfiehlt der Fachausschuss eine Nutzungsdauer von vier Jahren bei thermoplastischem und rund acht Jahre bei duroplastischem Material. Gleichzeitig sind Hersteller dazu verpflichtet, genaue Angaben zur Gebrauchsdauer ihrer Produkte zu liefern. Denn ein weiteres Ergebnis der Langzeitstudie war, dass die Geschwindigkeit des Alterungsprozesses von der Qualität der verwendeten Ausgangskunststoffe abhängig ist. Auch Art und Menge der zugesetzten UV-Stabilisatoren nimmt großen Einfluss auf die empfohlene Verwendungszeit. Unabhängig davon, wie widerstandsfähig und hochwertig die verwendeten Materialien sind, soll aus Sicht des DGUV aber auch der individuelle Verschleiß berücksichtigt werden.

Auf Schäden prüfen

Unabhängig von seiner Gebrauchsdauer müsse ein Helm etwa nach einer Schlag oder Stoß ausgetauscht werden. Und das gelte auch dann, wenn äußerlich keine Beschädigungen erkennbar seien. Durch den Aufprall könne die Helmschale beispielsweise im molekularen Gefüge gestört oder die Tragkonstruktion der Innenausstattung gedehnt worden sein. Unsere Bauprofis von Dobler haben in jedem Fall erst einmal ausreichend vorgesorgt: Als Dankeschön für ihre Teilnahme an unserem Praxistest-Projekt durften die Probanden alle getesteten Helme natürlich behalten. Wofür sie sich, ebenso wie das Team der bauSICHERHEIT, bei allen teilnehmenden Herstellern herzlichst bedanken.

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