IG BAU: Erhebliches Defizit in Arbeitsschutzkontrollen

Laut aktuellem Bericht des Bundesarbeitsministeriums haben 2020 nur noch rund 128 000 Prüfungen der Arbeitsschutzvorschriften in Betrieben stattgefunden. Zwei Jahre zuvor wären es vergleichsweise bundesweit noch 167 000 gewesen, sodass ein deutlicher Rückgang der Kontrollen zu verzeichnen ist. Nicht zuletzt begründet sich dies auch in den Entwicklungen der Corona-Pandemie, das Hauptproblem sei aber das Personaldefizit. Dementsprechend fordert die Industriegewerkschaft Bauen-Agrar-Umwelt (IG Bau) deutlich mehr Personal für die Kontrolle der Arbeitsschutzvorschriften.

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Aktuell gebe es nach dem Bericht »Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit« insgesamt nur 1 490 Aufsichtsbeamte, die kontrollieren, ob die betrieblichen Arbeitsschutzvorschriften eingehalten werden. Rechnerisch bedeutet dies, dass für rund 25 400 Beschäftigte ein Kontrolleur zuständig ist. »Die Zahlen sind alarmierend. Mit einer solchen Quote ist ein effektiver Arbeitsschutz nicht möglich«, stellt Robert Feiger, Bundesvorsitzender der IG Bau, fest und fügt hinzu: » Die Arbeitsschutzbehörden in den Ländern haben nicht die nötigen Kapazitäten, um die Sicherheit und den Gesundheitsschutz für die Beschäftigten wirksam zu kontrollieren.« Allerdings habe es auch in den vergangenen Jahren kein zufriedenstellendes Arbeitsschutzniveau gegeben. Daher müsse man nun Aufsichtsdienste stärken und mehr aktive Betriebsbesichtigungen anstreben. Die in dem Bericht dargelegten Sachverhalte seien eine deutliche und eindringliche Warnung an die Bundesländer, so Feiger.

Auch die anhaltende Pandemie habe aber ihren Beitrag zu den Ergebnissen geleistet: Durch zusätzliche Aufgaben wie die Kontrolle der Homeoffice-Verordnung sowie der 3G-Vorschriften am Arbeitsplatz sei die Situation noch verschärft worden. Darüber hinaus wurde die Arbeit für die Arbeitsschutzkontrolleure ebenfalls ins Homeoffice verlagert, sodass die Kontrollen vom Schreibtisch aus stattfinden. Diese sind für Carsten Burckhardt, Mitglied des IG Bau-Bundesvorstands und dort zuständig für Bauwirtschaft und Arbeitsschutz, jedoch »eine Farce«, da eine effektive Arbeits- und Gesundheitsschutzkontrolle vor allem in der Pandemie notwendig sei.

Mehr Sicherheit  auf Baustellen

Robert Feiger verweist unter anderem auf die Empfehlungen der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) und der Europäischen Union: Demnach sollte ein Kontrolleur maximal 10 000 Beschäftigte beaufsichtigen. Carsten Burckhardt resümiert: » Die Bundesländer verfehlen dieses Ziel eindeutig. Das zeigt, wo wir stehen. Das ist schon fast eine Bankrotterklärung in Sachen Gesundheits- und Arbeitsschutz des Staates.«


Einen erheblichen Kontrollbedarf sieht er dabei insbesondere in der Baubranche: »Nach wie vor sind Baustellen ein Sorgenkind in Sachen Sicherheit.« Man müsse in den Betrieben für mehr Kontrolldruck sorgen, vor allem wenn diese das Thema Arbeitssicherheit nicht ernst genug nehmen.

Allerdings warnt der Gewerkschafter auch davor, den Arbeitsschutz jetzt verstärkt auf die Berufsgenossenschaften abzuwälzen: »Die Kontrolle der Vorschriften ist ausdrücklich gemeinsame Sache der Länder und der Berufsgenossenschaften. Aus gutem Grund gibt es hier ein duales System.« So prüfe die Berufsgenossenschaft der Bauwirtschaft (BG Bau) auch in der Pandemie intensiv, ob Schutzvorschriften eingehalten würden. Doch die bundesweit 373 Aufsichtsbeamten bei der Berufsgenossenschaft stießen an ihre Grenzen und könnten das staatliche Kontrolldefizit nicht wettmachen. Burckhardt ergänzt: »Es geht um die Gesundheit der Beschäftigten. Hier müssen die Landesbehörden ihre Hausaufgaben machen – und lieber einmal mehr hinschauen als einmal zu wenig.«    J

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