Neue Lösungen für mehr Sicherheit auf dem Dach

Die Zahl der tödlichen Unfälle im Zimmerer- und Dachdeckerhandwerk langfristig zu reduzieren, war auf der »Dach+Holz« Ende Februar in Köln das Anliegen am Gemeinschaftsstand von BG Bau, Holzbau Deutschland und dem Zentralverband des Deutschen Dach­deckerhandwerks (ZVDH). Im Mittelpunkt stand das Präventionsprogramm »Bau auf Sicherheit. Bau auf Dich.« An einem zweigeschossigen, begehbaren Dachstuhl hat Zimmerer-Nationalmannschaft unter dem Motto »Absichern statt Abstürzen« unterschiedliche Gefahrensituationen simuliert und geeignete Sicherungsmaßnahmen demonstriert. Zimmerer und Dachdecker konnten sich so über Sicherungseinrichtungen wie kleinformatige Schutznetze, Anschlag­einrichtungen für Holzbauarbeiten sowie Ausleger- und Lifeline-Systeme ­informieren – und diese natürlich auch gleich mit den Experten vor Ort testen.

Lesedauer: min

Von Jan RiekenNoch immer setzen sich viele Zimmerer auf Baustellen unnötigen Risiken aus. Dabei könnten viele Unfallursachen im Zimmererhandwerk durch eine geeignete Organisation und den richtigen Arbeitsmitteln deutlich reduziert werden. Holzbau Deutschland hatte gemeinsam mit dem Zentralverband des Deutschen Dachdeckerhandwerks und der BG Bau gleich neben dem Stand von Holzbau Deutschland einen zweigeschossigen begehbaren Dachstuhl aufgebaut, an dem Gefahrensituationen, die bei unterschiedlichen Bauzuständen auftreten können, simuliert und unter fachlicher Anleitung geeignete Sicherungsmaßnahmen demonstriert wurden. Diese Sicherungsmaßnahmen wurden gemeinsam von den Arbeitsschutz-Akteuren am Runden Tisch erarbeitet und machen das Arbeiten sicherer und wirtschaftlicher.
Die Fachbesucher waren eingeladen, die Maßnahmen und Arbeitsmittel auf dem Dachstuhl direkt selbst auszuprobieren_ Von der leichten Plattformleiter, die mit Leiterherstellern entwickelt wurde, über kleinformatige Schutznetze, Anschlageinrichtungen für Holzbauarbeiten sowie Ausleger- und Lifeline-Systeme wurde alles gezeigt und stand zum Test mit den Experten vor Ort bereit. Eines der Highlights war der Anhängerkran mit Personensicherungsmodus, den Anhängerspezialist Böcker ge­meinsam mit der BG Bau entwickelt hat (siehe auch Seite 6). Als ein Ergebnis des Runden Tisches wurde u. a. das Verfahren der Vormontage von Bauteilen am Boden vorgestellt, das jetzt erprobt und etabliert werden soll.

»81 % aller Unfälle bei Dach­arbeiten sind verhaltens­bedingt. Um das zu ändern, bündelt eine Kooperation von Leistungsträgern alle ­Kompetenzen. Das Ergebnis sehen wir auf diesem ­Gemeinschaftsstand.«
Dr.-Ing. Marco Einhaus, Leiter des Sachgebiets Hochbau im DGUV-Fachbereich Bauwesen


Zahlen machen Handlungsbedarf deutlich
Auf der Delegiertenversammlung des Deutschen Dachdeckerhandwerks mahnte Hauptgeschäftsführer Klaus-Richard Bergmann an, dass der Arbeitsschutz noch stärker in den Blick genommen werden müsse. Und das nicht nur durch verbesserte Arbeitsmittel oder das Einhalten von Regeln, sondern auch durch eine Verhaltensänderung. Im Jahr 2016 gab es 73 tödliche Arbeitsunfälle am Bau, 28 davon waren Absturzunfälle. Und hinter jedem dieser Unfälle stehen Familien, Freunde und Kollegen, die unmittelbar betroffen sind. »Diese Zahlen zeigen, dass wir dringend handeln müssen«, sagte Bergmann.Handlungsbedarf sieht auch Holzbau Deutschland. Deren Vorsitzender Peter Aicher hat am Rande der »Dach+Holz« die »Charta für Sicherheit« unterzeichnet, ein Pfeiler des Präventionsprogramms »Bau auf Sicherheit. Bau auf Dich«. Der Verband bekennt sich mit der Unterschrift zu sicheren Arbeitsbedingungen im Zimmererhandwerk. »Jeder hat das Recht und auch die Pflicht, unnötige Risiken zu vermeiden, um abends gesund nach Hause gehen zu können«, sagte Aicher. »Denn sicheres Verhalten lohnt sich für alle. Für jeden Beschäftigten, für die Familien, für Freunde, für Kollegen und für den Betrieb.«

»Fünf Schwerpunkte« für mehr Sicherheit
Ein gemeinsamer Runder Tisch von BG Bau und Holzbau Deutschland hat »Fünf Schwerpunkte« erarbeitet, um das Arbeiten in Zimmererhandwerk und Holzbau sicherer zu machen und die Unfallzahlen zu senken. Etwa die Hälfte aller schweren und schwersten Absturzunfälle passiert mit Leitern. Mit Leiterherstellern wurde eine leichte Plattformleiter entwickelt, deren Anschaffung von der BG Bau gefördert wird. Ein weiterer Schwerpunkt ist die ­Vormontage von Bauteilen am Boden_ Die Aufenthaltsdauer im Gefahrenbereich wird so verkürzt, außerdem steigt die Effizienz. Bei der Absturzsicherung empfiehlt der Runde Tisch bei Zwischenbauzuständen kleinformatige Schutznetze, die sich mit mobilen Verankerungssystemen anbringen lassen. Auch temporäre oder dauerhafte Anschlageinrichtungen erfüllen diesen Zweck, sowohl beim Neu­bau als auch beim Bauen im Bestand. Auch hier fördert die BG Bau die Anschaffung entsprechender Systeme.
Als fünften Punkt nennt der Runde Tisch »Spezielle Produkte und Verfahren« wie den Anhängerkran, die in Verbindung mit PSA gegen Absturz neue Möglichkeiten bieten, die in der Branche noch eher unbekannt sind. Kran-Auslegersysteme (Gal­gen), auch mit einem stillgesetzten Kran als An­schlagpunkt, sollen populärer gemacht werden. Gleiches gilt für die Lifeline-Systeme, die in Verbindung mit Höhensicherungsgeräten und integrier­ten Schockabsorbern den Arbeitsalltag sicherer machen.

»Das Anbringen von ­Sicherungseinrichtungen darf nicht gefährlicher sein als die eigentliche Arbeit selbst. Hier hat der Runde Tisch Anregungen für Praktiker erarbeitet, die sie hier am Modell aus­probieren können.«
André Büschkes, Vizepräsident Zentralverband des Deutsches Dachdeckerhandwerks
[5]
Socials