FSA: Klassenziel verfehlt - gravierende Mängel bei Zurrgurten

Mangelhafte Ladungssicherung führt immer wieder zu schweren Unfällen auf deutschen Straßen.

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Der Fachverband Seile und Anschlagmittel (FSA), dessen Mitglieder sich auch mit dem qualifizierten Vertrieb von Produkten zur Ladungssicherung befassen, hat diverse Zurrmittel von unterschiedlichen Anbietern außerhalb der Mitgliedschaft untersuchen lassen. Das Ergebnis war katastrophal: Knapp die Hälfte der getesteten Zurrgurtsysteme hat die physikalische Prüfung nach DIN EN 12 195-2 mit erheblichen Mängeln nicht bestanden, ein weiteres Drittel der Produkte war zumindest mit einem Mangel behaftet.

Als der FSA im Frühjahr diverse Zurrmittel von unterschiedlichen Anbietern außerhalb der eigenen Mitgliedschaft beschaffte, schwante FSA-Geschäftsführer Thomas Vierhaus bereits nichts Gutes: »Schon beim Blick auf die vorgeschriebenen Inhalte der Etiketten waren viele Kennzeichnungsmängel erkennbar.« Insgesamt wurden in der FSA-Stichprobe 36 Zurrgurt-Systeme der physikalischen Prüfung nach DIN EN 12 195-2 unterzogen, von denen 17 ohne jeden Zweifel niemals hätten in den Verkauf gelangen dürfen. Die häufigsten Beanstandungen waren von außen nicht erkennbare Materialfehler.

Um diesen versteckten Mängeln vorzubeugen, rät etwa die Bezirksregierung Köln in einem Faltblatt: »Empfehlenswert ist der Kauf von Zurrgurten, die mit dem GS-Zeichen (Geprüfte Sicherheit) versehen sind.« Auch hier ist der FSA der Sache auf den Grund gegangen, denn 27 der 36 getesteten und 14 der 17 mangelhaften Zurrgurt-Systeme verfügten über ein GS-Zeichen. »Wir waren schockiert, denn wir hatten niemals mit einem so verheerenden Ergebnis gerechnet«, gesteht Vierhaus.

Akuter Handlungsbedarf

Sechzehn Mal hatten es die Prüfer mit mangelhaften Zurrgurtbändern zu tun (übermäßige Dehnung, unzureichende Bandbruchkraft), neun Mal wurde der Handhebeltest nicht bestanden und neun Mal wurde die auf dem Etikett angegebene Vorspannkraft des verwendungsfertigen Zurrgurtes nicht erreicht.

Die negativen Testergebnisse veranlassten den FSA, zusammen mit jeweils einem Vertreter der BG Verkehr und des zuständigen DIN-Normenausschusses, im Juli bei der Münchener Zentralstelle der Länder für Sicherheitstechnik (ZLS) vorstellig zu werden. Denn die Konformitätsbewertungsstellen, die ein GS-Zeichen vergeben dürfen, werden dort überprüft und überwacht. ZLS-Leiter Hans-Georg Niedermeyer zeigte sich bestürzt über die Prüfergebnisse: »Hier besteht dringender Handlungsbedarf für unsere Behörde sowie für die gesamte Marktüberwachung.« Verstöße gegen Vorschriften müssten konsequenter geahndet werden.

Missbrauch ahnden

Die Gesprächsteilnehmer waren sich darin einig, dass vor allem an der Quelle der GS-Zeichen sowie unmittelbar bei den Verantwortlichen in der Lieferkette der Produkte angesetzt werden muss. Niedermeyer betonte: »Wir werden jedem ernsthaften Verdacht auf Verstoß gegen die Vergabe­regeln sowie jedem Missbrauchsverdacht nachgehen und nachgewiesene Tatbestände ahnden. Gerichte können bei einem vorsätzlichen Missbrauch des GS-Zeichens eine Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder eine Geldstrafe verhängen. Werden die Gesetzesvorgaben nicht eingehalten, stehen den Behörden weitreichende Eingriffsrechte bis hin zu Rückrufaktionen zu.« Vierhaus ergänzte: »Die Missachtung der gesetzlichen Vorschriften kann hier drastische Folgen haben. Bei schweren Verstößen sieht das ProdSG Bußgelder bis zu einer Höhe von 100 000 Euro vor.«

»Hersteller« drücken sich

Unwissenheit schützt vor Strafe nicht. »Wer Produkte unter seinem Namen verkauft, egal woher sie stammen, gilt als ›Hersteller‹ im Sinne der Gesetze und ihn trifft die volle Produktverantwortung«, so Vierhaus. Damit ist in diesem Fall vor allem die Herstellerpflicht zur Produktprüfung, Produktkontrolle und anschließender Produktüberwachung gemeint. »Der FSA hat in den vergangenen Jahren bereits einige ›Hersteller‹ abgemahnt, weil sie ihre Hausaufgaben nicht gemacht haben und zum Beispiel Produkteigenschaften auslobten, die sie niemals getestet hatten oder die schlicht nicht vorhanden waren«, erklärt Vierhaus.


Nach Ansicht des FSA wäre es hilfreich, wenn die Marktaufsichtsbehörden entschlossen gegen die Missetäter vorgehen und bei jedem Verstoß mindestens das Inverkehrbringen sowie den weiteren Vertrieb untersagen würden. Manche Anbieter würden vermutlich nur aus Schaden klug werden.

Überwachung ist Pflicht

Die hohe Anzahl der mangelhaften Zurrgurte mit GS-Zulassung gibt Anlass zur Sorge. Niedermeyer stellte aus Sicht der ZLS klar: »Jede GS-Zeichen vergebende Stelle hat die Herstellung der verwendungsfertigen Zurrgurte und die rechtmäßige Verwendung des GS-Zeichens mit geeigneten Maßnahmen zu überwachen – auch im Ausland.

Zurrmittel (Zurrgurte, Zurr­ketten und Zurrdrahtseile) sind zwar Arbeitsmittel im Sinne der ­Betriebssicherheitsverordnung, aber dadurch ist nur geregelt, dass sie durch befähigte Personen wiederkehrend zu prüfen sind. Wünschenswert wäre es nach Ansicht des FSA, wenn auch die Herstellung beziehungsweise das Inverkehrbringen von Zurrmitteln einen rechtlichen Rahmen bekäme, wie dies etwa bei Persönlichen Schutzausrüstungen (PSA) der Fall ist. Dort existiert eine entsprechende EU-Verordnung, die Hersteller, Händler, Importeure, Behörden und Zerti­fizierungsstellen gleichermaßen betrifft. »Auch Zurrmittel dürften ohne technische Prüfungen und eine ständige Produktionsüberwachung nicht in den Verkehr ­gebracht werden«, fordert FSA- Geschäftsführer Thomas Vierhaus.    m

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